[REZENSION]: Andreas Gruber: Herzgrab
Inhalt: Die junge Wiener Privatdetektivin Elena Gerink hat den Ruf, bisher noch jede vermisste Person gefunden zu haben. Doch die Suche nach dem verschwundenen weltbekannten Maler Salvatore Del Vecchio gestaltet sich schwieriger als gedacht. Als überraschend ein letztes Gemälde von ihm auftaucht, weist ihr das den Weg in die drückende Schwüle der Toskana. In Florenz trifft Elena auf ihren Ex-Mann Peter Gerink, der als Spezialist des Bundeskriminalamts nach einer in Italien verschwundenen Österreicherin sucht. Schon bald erkennen sie, dass die Ereignisse zusammenhängen – auf eine derart perfide und blutige Art und Weise, dass Elena und Peter dem Fall auch gemeinsam kaum gewachsen scheinen …
Andreas Gruber: Herzgrab
Goldmann 12/2013; ISBN: 978-3-442-48017-3; Seiten: 541; Ausstattung: Klappbroschur
Cooler Thriller. Im besten Sinn ein amerikanisches Buch – die dortigen Autoren haben einfach ein unbestreitbares Talent, exzellente Spannungsromane anzufertigen. Und in diesem Sinne sehe ich Herzgrab als amerikanisches Buch.
Der Thrill ist blutig und fesselnd, wartet mit witzigen Dialogen auf, bedient, bespielt und variiert sehr angenehm einige Klischees, wie sie zu einem Genreroman gehören und erzählt eine recht verwickelte Geschichte. Die medizinischen Elemente riechen nach guter Recherche, die Schauplätze müffeln nach Authentizität – oder sind gut erdacht. Da ich die italienischen Schauplätze alle nicht kenne, wirken sie sehr überzeugend. Das reicht mir völlig.
Gruber spielt gekonnt mit Zuneigung und Abneigung zwischen Österreich und Italien und spinnt daraus eine mafiöse Rachegeschichte, die ihre haarsträubenden Momente der Spannung hat und sich sicher sehr gut als Film machen würde. So lang man keines der jungen, sterbenslangweiligen, charmefreien 08/15 Klongesichter besetzt. Dazu sind die Figuren zu gut.
Ich mag den Stil von Andreas Gruber. Ich bin ein Fan seiner im Horror angesiedelten Erzählbände Ghost Writer und Der fünfte Erzengel. Herzgrab ist mein erster Thriller von ihm und ich bin angetan.
Das Buch bietet alles, was ich mir von einem Thriller erwarte – es mag mir als Leser von hartem Horror und richtig abartigen Thrillern wie den Smoky Barrett Romanen von Cody McFadyen zwar etwas soft erscheinen, aber das ist ein sehr subjektiver Eindruck. Roter Saft trieft zur Genüge.
Herzgrab erinnert mich an die Werke von Thriller-Autoren, die ich sehr geschätzt habe – John Sandford und David Lindsey, bis zu einem gewissen Grad auch David Morrell.
Andreas Gruber kann verflixt gute Geschichten erzählen. Ich würde mir zwar wieder einen Horror-Roman wünschen, aber Thriller liegt ihm locker in der Hand, so wie sich dieses Buch liest.
Und Elena Gerink ist eine Frau zum Pferde stehlen.
Kurz gesagt:
- ziemlich witzig
- spannend
- kriminell gut
Fazit: beste, kurzweilige Unterhaltung, wunderbar
Oh, eine kleine boshafte Bemerkung kann ich mir jetzt aber nicht verkneifen: Andreas hat sich zu einer amerikanischen Eigenheit des Detektiv-Thrillers verleiten lassen, die in einem Roman, der in Wien spielt, sehr skurril erscheint. Hat er aber vermutlich ganz gezielt gemacht. Verbeugung vor dem Genre und den Klassikern, behaupte ich mal. Denn eigentlich ist das bei uns gar nicht möglich, oder? :-)
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