[REZENSION]: Tullio Avoledo: Die Wurzeln des Himmels
Inhalt: als der junge Priester John Daniels eines Tages zu Kardinal Albani gerufen wird, ahnt er nicht, welches Himmelfahrtskommando ihm bevorsteht. Mit einer Gruppe Schweizergardisten soll er nach Venedig reisen, um dort den angeblich noch lebenden Patriarchen zu finden. Aber ist das Ziel dieser Mission womöglich ein ganz anderes? Welche geheimen Absichten verfolgt der Kardinal? Kann Pater Daniels den Söldnern der Schweiter Garde trauen? Und welche Gefahren lauern auf ihrer Reise durch das verwüstete Italien?
Tullio Avoledo: Die Wurzeln des Himmels
(OT: Le radici del Cielo, 2011) Heyne PB 07/2013; ISBN: 978-3-453-31475-7; Seiten: 590; Übersetzung: Andreas Brandhorst; Ausstattung: Trade-Format, Klappbroschur
Endlich ein Metro-Roman, der außerhalb Russlands und seiner Satellitenstaaten spielt. Das ergibt eine neue Dynamik, ganz neue Schauplätze, eine Geisteshaltung jenseit der Tristesse, die den Geschichten aus der ehemaligen Sowjetunion eigen ist.
Ein Metro-Roman ohne Metro. Die U-Bahn kommt gerade mal kurz am Anfang vor, wird kaum mehr als erwähnt. Das ist zwar kein Nachteil, lässt den Roman allerdings auch ein klein wenig wie eine x-beliebige, postapokalyptische Geschichte dastehen.
Avoledos Roman wandert streckenweise in Bereiche, die den Eindruck eines esoterisch-religiösen Trips machen. Das ist nicht zwangsläufig schlecht, nur zu Beginn etwas irritierend – sind doch die Metro-Romane eher erdig gehalten und standen bisher mit beiden Beinen fest am verwüsteten Boden der zukünftigen Realität.
Die Geschichte selbst ist spannend und bietet so manch unerwartete Überraschung – Die Wurzeln des Himmels ist ein postapokalyptischer Reiseroman und bietet als solcher viele Schauplätze und die ordentlich genutzten Möglichkeiten zu zahlreichen, alles andere als harmlosen, Begegnungen.
Wenn man dem Buch eine Kleinigkeit ankreiden will, dann den Umstand, dass es sich streckenweise ein wenig zu sehr auf Details einlässt, die für die Gesamtgeschichte nicht von Bedeutung sind – oh, sie sorgen durchaus für Stimmung und künden von der Detailfreude des Autors – aber es sind derer eine Spur zu viele. Avoledo konzentriert sich gelegentlich zu wenig und schweift ab.
Die Wurzeln des Himmels ist ein esoterisch angehauchtetes Epos, das sich um Schuld und Sühne dreht, um Glaubensfragen und die Zukunft der Menschheit kreist und generell den Eindruck vermittelt, noch mehr zu wollen, als ohnehin schon im Angebot ist. Was der Roman nicht ist – er ist definitiv kein typischer Metro-Roman. Das gereicht dem Buch einerseits zum Vorteil, andererseits ist es dann doch egal, ob der Roman in dieser Reihe erscheint oder nicht – er kann sich genausogut als stand-alone Werk behaupten.
Insgesamt hat sich Tullio Avoledo mächtig ins Zeug gelegt, um uns eine eindrucksvoll verwüstete Welt zu präsentieren. Das ist ihm rundum gelungen, da kann man nicht meckern. Als Metro-Roman ist er insofern etwas eigenartig, weil keine Metro vorkommt, etwas, an das man sich vielleicht bei zukünftigen Büchern durchaus nicht ungern gewöhnen könnte.
Die Wurzeln des Himmels ist ein postapokalyptisches Epos, dessen uneindeutiges Ende Schlüsse in zweierlei Richtung zulässt, wobei keine der Möglichkeiten sonderlich tröstlich erscheint. Die Sturheit des Protagonisten, von seinem Glauben abzufallen und überall Gottes Werk und Wirken erkennen zu wollen, ist zwischendurch etwas ermüdend und nervig.
Sei es wie es sei. Die Wurzeln des Himmels ist auf alle Fälle eine begrüßenswerte Erweiterung und Öffnung des Metro-Universums und lässt auf weitere, aus der Reihe fallende Beiträge hoffen, die sich in voller Bandbreite diesem hoffnungslos-tristen Unversum voll mörderischer Gefahren widmen.
Kurz gesagt:
- episch
- abwechslungsreich
- esoterisch
Fazit: bemerkenswerte Erweiterung des Metro-Universums.
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