[REZENSION]: Richard Laymon: Night Show
Inhalt: Tony hält es für eine ziemlich coole Idee, seine Schulkameradin Linda eine Nacht lang in einer alten Villa, in der es angeblich spuken soll, einzuschließen. Welche Todesängste die hübsche Cheerleaderin in den folgenden Stunden aussteht, ahnt er nicht. Als er nach dem High-School-Abschluss nach Hollywood zieht, um bei der Königin der Horrorfilm-Spezialeffekte, Dani Larson, als Lehrling anzuheuern, hat er den Vorfall längst verdrängt. Linda dagegen wird für den Rest ihres Lebens nicht vergessen können, was damals passiert ist – und schmiedet grausame Rachepläne, gegen die selbst der schlimmste Splatterstreifen harmlos ist …
Richard Laymon: Night Show
(OT: Night Show, 1984) Festa Horror Tb 1552; 01/2013; ISBN: 978-3-86552-204-7; Seiten: 309; Übersetzung: Michael Krug; Ausstattung: Taschenbuch, Lederoptik;
Öh.
Was erwartet man im allgemeinen von einem Richard Laymon Roman? Sehr viel Blut und Gewalt. Sehr viel explizit geschilderten Sex. Eine rasante, nicht immer schlüssige Handlung. Merkwürdige Charaktere, die bisweilen ordentlich auf die Nerven gehen können. Insgesamt also ein kurzweiliges, nicht allzu anspruchsvolles Vergnügen. Schlicht und ergreifend, den perfekten Trash. (Bitte dieses Wort in seinem positiven Sinn zu sehen – Trash ist geil!)
Richard Laymon ist einer der Urväter des Splatter. Er hat für viele Autoren des Genres den Weg geebnet, ihnen mit der Masse von rund fünfzig Romanen eine Straße aus Sex und Gore gepflastert. Er hat, bedenkt man den grafischen Inhalt seiner Bücher und die Zeit ihrer Entstehung, Pionierarbeit geleistet. Das dabei nicht jedes seiner Bücher ein Meilenstein werden konnte, ist wohl klar.
Sagen wir mal so: Night Show ist die Rohfassung, der Erstentwurf dessen, was ein wirklich guter Thriller hätte werden können. Nur ist dieser Entwurf irgendwie zum Buch geworden und niemand kann mehr sagen, wieso das geschehen ist. So stelle ich mir das – vollkommen unrealistisch – gern vor.
Selbst für Laymon ist die Geschichte wirklich haarsträubend, vor allem, weil die Figuren zum Teil derart verkehrt und realitätsfern agieren, dass mir beim Lesen der Mund offen stehengeblieben ist. Es ist mir nicht gelungen, auch nur zu einer Figur eine emotionale Bindung herzustellen. Der Antagonist wird so distanziert und oberflächlich geschildert, dass man ihn nur mehr mit einem nassen Handtuch erschlagen möchte, weil er ein nervtötender, idiotischer Hirnfurz ist, der sich vollkommen dämlich benimmt.
Die Hauptfiguren, die eigentlich die Sympathieträger sein sollten, agieren jenseits aller Glaubwürdigkeit, nämlich derart daneben – auch für sie wäre das nasse Handtuch gut verwendbar. Das ursprüngliche Opfer startet einen Rachefeldzug, der quasi nebenbei abgehandelt wird und nicht sonderlich spannend daherkommt.
Ein, zwei kurze Blicke auf den Stand der Maskenbildnerei Hollywoods der 1980er Jahre, ein wenig Name-Dropping, Tom Savini und Co werden erwähnt, und das ist alles, was wir vom Milieu des Films, in dem die Geschichte angesiedelt ist, mitbekommen.
Ein drittklassiges Ultra-Low-Budget Desaster. Hä? Ich denke wirklich, das Buch war ein Entwurf, aus dem Laymon einen mitreißenden Thriller hätte konstruieren können – nur ist es aus irgendwelchen rätselhaften Gründen nie dazu gekommen. Blöde Verträge, drängende finanzielle Engpässe, was weiß der Teufel, was ihn daran gehindert hat, das Buch fertig auszuarbeiten. Der Roman in seiner jetzigen Form ist eine rohe Skizze.
Night Show ist weniger als Roman bemerkenswert als vielmehr ein höchst interessanter Blick in die Schreibwerkstatt Laymon, in der uns der Autor einen Entwurf präsentiert, aus dem nach einem zweiten, vielleicht einem dritten Korrekturdurchgang ein fesselnder, harter, geiler Thriller hätte werden können.
Ist das Buch lesenswert? Gute Frage, kommt drauf an. Will man schlicht einen fetzigen Roman, wie man es von Laymon im allgemeinen kennt, ist man mit Titeln wie Furien, In den finsteren Wäldern und etlichen anderen Büchern besser bedient. Betrachtet man das Buch hingegen als Rohfassung und Werkstück, ist es schon wieder interessanter, weil man sich ausmalen kann, was wohl hätte daraus werden können. Nun, wir werden es nie erfahren.
Seufz. Dabei mag ich Laymon.
Kurz gesagt:
- irgendwie unfertiger Roman
- haarsträubende Story
- dämliche Charaktere
Fazit: Ein interessantes Studienobjekt, aber kein guter Roman
Überblick Richard Laymon:
Richard Laymon: Das Ufer [meine Rezension] …
Richard Laymon: Die Klinge [meine Rezension] …
Richard Laymon: Die Familie [meine Rezension] …
Richard Laymon: Furien [meine Rezension] …
Richard Laymon: Night Show [meine Rezension] …
Richard Laymon: Licht aus! [meine Rezension] …
Richard Laymon: Das Loch [meine Rezension] …
Richard Laymon: Der Gast [meine Rezension] …
Richard Laymon: In den finsteren Wäldern [meine Rezension] …
Richard Laymon: Der Wald [meine Rezension] …
Richard Laymon: Das Grab [meine Rezension] …
Richard Laymon: Finster [meine Rezension] …
Richard Laymon: Der Keller [meine Rezension] …
Richard Laymon: Der Regen [meine Rezension] …
Richard Laymon: Der Käfig [meine Rezension] …
Für die folgenden Laymon-Titel sind die Rezensionen nach einer DB-Panne nicht mehr online und zum Teil nicht wieder herstellbar, da auch das Backup weg ist. Wo ich mich noch näher an das Buch erinnere, habe ich einen kurzen Kommentar hinzugefügt.
Richard Laymon: Die Jagd [Rezension offline] …
Richard Laymon: Nacht [Rezension offline] …
Richard Laymon: Das Spiel [Rezension offline] …
Richard Laymon: Rache [Rezension offline] …
Richard Laymon: Die Insel [Rezension offline] …
Richard Laymon: Die Gang [Rezension offline] … (ich hasste es)
Richard Laymon: Vampirjäger [Rezension offline] … (war großartig)
Richard Laymon: Inferno [Rezension offline] … (war großartig)
Richard Laymon: Parasit [Rezension offline] … (war durchschnittlich)
Richard Laymon: Der Ripper [Rezension offline] … (ok)
Richard Laymon: Die Show [Rezension offline] … (war großartig)
Richard Laymon: Der Pfahl [Rezension offline] … (positive Erinnerung)
.