[REZENSION]: Michael Marcus Thurner: Der Gottbettler
Inhalt: Während die kräuterkundige Terca jeden Tag erneut einen Grund braucht, sich nicht umzubringen, sucht der Krieger Rudynar Pole das Vergessen im Alkohol. Doch der junge Magier Pirmen benötigt sie beide. Denn nur mit ihrer Hilfe kann er die schreckliche Horde des Gottbettlers aufhalten, die eine Stadt nach der anderen erobert und kurz davor ist, die ganze Welt zu beherrschen. Pirmen weiß, dass diese Aufgabe eigentlich unmöglich zu erfüllen ist. Aber nur wenn er Erfolg hat, kann er vielleicht auch seine eigenen Dämonen überwinden.
Michael Marcus Thurner: Der Gottbettler
Blanvalet 11/2013; ISBN: 978-3-442-26942-6; Seiten: 509; Ausstattung: Paperback
Lieber MMT: Schreib doch bitte mehr Romane, die nicht zu Serien wie Perry Rhodan und Konsorten gehören. Du kreierst viel zu aufregende Welten und Universen, um deine Zeit mit all den … ach Mist, Brotjobs, zu verbr… versch… seufz.
Turils Reise und Die Plasmawelt oder jetzt Der Gottbettler. Der Mann versteht sein Handwerk, weiß, wie man spannend und originell schreibt, wie man die richtigen Worte findet, um seine Geschichte angemessen zu erzählen. Er balanziert perfekt zwischen reichhaltiger Komplexität und notwendiger Simplizität der Handlung, um seine Leser weder zu überfordern noch – ganz wichtig – zu unterfordern. Er beherrscht die Kunst, unerwartete Überraschungen mit beiläufiger Selbstverständlichkeit zu servieren. Der Mann ist einfach ein verdammt guter Geschichtenerzähler.
Der Gottbettler ist ein harter, derber, brutaler Fantasyroman mit überaus ambivalenten Figuren, bei denen man als Leser gut beraten wäre, darauf zu achten, wem man Sympathien entgegenbringt. Um sich dann trotzdem zu irren. *hämisch kicher*
Thurners Roman ist Fantasy in der Tradition von George R. R. Martins Lied von Eis und Feuer – alias Game of Thrones. Und das ist, meiner bescheidenen Meinung nach, mitnichten übertrieben. Thurner kennt die Konventionen des Genres, schert sich aber einen Dreck darum und serviert ein Buch, in dem das Innere nach Außen gekehrt ist, symbolisch und wörtlich – das hat mir imponiert. Seine Figuren entsprechen keineswegs dem, was man sich von Helden erwartet und sie haben ein paar wirklich bitterböse Überraschungen parat.
Man darf den Roman nicht stilistisch mit den Werken von GRRM vergleichen, das ist eine andere Baustelle. MMT hat eine eigene Erzählstimme. Aber der drastische Realismus und die komplexen Beziehungsgeflechte, die Überraschungen und die Gnadenlosigkeit, wenn es ums verräumen von Protagonisten geht, da schreckt MMT vor nichts zurück.
Beim Gottbettler geht es unverblümt zur Sache – ob geköpft, ausgeweidet und massakriert oder gefickt wird. Kämpfen und kopulieren, MMT findet stets kreative und passende Worte, um die Aktion gebührlich in Szene zu setzen, oft genug durchsetzt mit hämischem Humor. Überhaupt die Sprache, direkt, derb, hin und wieder mit ungewöhnlichen, hauptsächlich in Wien gebrauchten Dialektausdrücken gewürzt.
Wer also edle Elfen mit Purpurlanzen, die in sich begierlich öffnende, feuchte Blüten eindringen, äh, so irgendwie, erwartet, der ist auf der falschen Welt gelandet.
Das Buch stinkt geradezu nach Realismus, soweit man bei einem Fantasyroman von Realismus sprechen kann. Aber ihr versteht, was ich meine. Ein Roman, in dem die Figuren essen und scheißen und besoffen in den Dreck fallen und in dem unangenehme körperliche Befindlichkeiten eine wichtige Rolle spielen.
Irgendwie habe ich das Gefühl – und wenn ich mich täusche, dann entschuldige ich mich gleich vorab bei Michael Marcus Thurner, dass das Buch eigentlich eine Geschichte der Wiener Befindlichkeiten erzählt. Hmm. Spinn ich?
Verdammt, ich würde wirklich gern eine auf diesem Roman basierende Mini-Serie sehen. Eine Staffel, maximal 12 Episoden, perfekt. Mit Ed Stark … äh, Sean Bean, der könnte mal wieder sterben wie so ziemlich überall, wo er mitspielt. Es wäre also machbar :-)
Der Gottbettler ist geiler Stoff, der alles bietet außer Klischees und Langeweile. Das Buch ist spannend, überraschend, drastisch, realistisch, hart, gewitzt, voller Action und absolut konsequent. Es bietet die Möglichkeit einer Fortsetzung, bringt die Geschichte jedoch zu einem rundum befriedigenden Ende. MMT wird uns mit einem weiteren Roman aus der Welt des Gottbettlers beglücken und ich freu mich jetzt schon.
Ich finde es bemerkenswert, auf wie vielen faden Saftschinken … äh, Fantasywälzern ein Aufkleber am Umschlag prangt, der das betreffende Buch mit Für alle Fans von Game of Thrones bewirbt. Als ob die Seitenzahl diesen wagemutigen Vergleich rechtfertigen würde.
Aber das Buch, das diese Art Werbung wirklich verdient hätte, lässt einen solchen Kleber vermissen. Seltsam.
Kurz gesagt:
- drastisch, derb
- realistisch, vulgär
- brutal, konsequent
Fazit: tolles Buch
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