[REZENSION]: Jack Ketchum: Versteckt
Inhalt: Dead River ist kein Ort für junge Leute. Die Hitze und die Langeweile legen sich über sie und saugen das Leben aus ihnen heraus. Auf verzweifelter Suche nach einem Adrenalinkick streifen Dave und seine Freunde durch das Dorf. Ein verlassenes Haus wird schließlich zu ihrer Spielstätte. Doch Freunde können gefährlich sein. Und das Spiel wird blutiger als geplant …
Jack Ketchum: Versteckt
(OT: Hide and Seek; 1984) Heyne 05/2013; ISBN: 978-3-453-67616-9; Seiten: 256; Übersetzung: Kristof Kurz; Ausstattung: Taschenbuch; Nachwort, Bibliographie
Na gut, spätestens nach diesem Buch wissen es jetzt alle: Jack Ketchum war der Babysitter von Lady Gaga. Das erklärt vielleicht Lady Gaga, aber die Gute ist jetzt nicht das Thema. Abgesehen davon ist alleine das Nachwort des Buches seine Lektüre wert, weil es eine anfängliche Irritation erklärt.
Gut, also. Das Erste, was bei der Lektüre auffällt, ist der etwas holprige zu lesende, nicht so flüssige Stil, wie man es von Ketchum gewohnt ist. Kurze, knappe Sätze, sparsame Schilderungen ohne Schnickschnack, das ist etwas, das seine Romane kennzeichnet. An der Übersetzung liegt das eher nicht, Kristof Kurz hat Ketchum schon sehr flüssig übersetzt. Vielleicht hat es mit dem Alter des Romans zu tun, vielleicht hatte der Autor da seinen Stil noch nicht endgültig gefunden. Es ist zumindest im ersten Drittel des Romans irritierend, dann fällt es nicht weiter auf – weil man im Sog der Geschichte gefangen ist.
Sei es, wie es sei. Versteckt ist einer der Ketchum Romane, die sich lesen wie eines seiner Bücher, das auf wahren Ereignissen beruht. Interessant dabei ist allerdings, dass das eine erfundene Geschichte ist, die aber einen Real-Kern besitzt, da braucht man nur das melancholisch-traurige Nachwort lesen.
Auch typisch für Ketchum – die Ambivalenz, mit der man als Leser einem großen Teil seiner Charaktere gegenübersteht. Mal liebt man sie und bangt um sie, mal verabscheut man sie und wünscht sie zum Teufel. Kalt lassen seine Figuren nicht. Sie sind jedenfalls realistisch gezeichnet.
Beinahe ebenso realistisch erscheinen die Geschehnisse des Buches. Zwar mag man sie als überzogen ansehen, aber berücksichtigt man das Jahr, in dem die Geschichte spielt und bedenkt man, wie riesig das Land uns wie durchgeknallt Leute manchmal sein können – siehe diverse Schlagzeilen der letzten Jahre – so könnte man diese Geschichte durchaus als möglich akzeptieren.
Diese relative Realitätsnähe ist auch zu einem beträchtlichen Teil für die Wirkung des Romans verantwortlich, für das Verlangen, das Buch unbedingt zu Ende zu bringen, obwohl am sich versucht auszumalen, was da auf einen zukommt – sehr unschöne Erwartungen, die dann auch mehr als erfüllt werden.
Der Erzählstil, der immer wieder mehr oder weniger verschleiert ankündigt, das in diesem Roman, der auch eine fröhliche Schilderung mehrer Jugendlicher in einem schönen Sommer hätte sein können, etwas Schreckliches einbrechen wird, lässt diesen Sommer durch das irritierende Licht von Wetterleuchten mehr gruselig als freundlich erscheinen, während sich am Himmel immer höhere Gewittterwolken auftürmen.
Jack Ketchum ist ein Meister des in der Realität verankerten Horrors – auch dann, wenn er seine Geschichten frei erfunden hat. Wobei das lange, als Erzählung verkleidete, Nachwort dieses Buches der Story einen ganz eigenen Beigeschmack verleiht. Bemerkenswert.
Kurz gesagt:
- berührend
- realitätsnah
- überaus düster
Fazit: klassischer, packender, wenig fröhlicher Jack Ketchum
— Dead River Trilogie: Bd. 1: Beutezeit; Bd. 2: Beutegier; Bd. 3: Beuterausch
— Jack Ketchum im Interview mit Brian Keene: [– Der Brian Keene Podcast: The Horror Show –]
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