[REZENSION]: Frank Festa (Hg.): Kannibalen
Inhalt: Dieses Buch widmet sich der kulinarischen Lust am Fleisch, und zwar einer sehr speziellen Variante solcher Wonne: Menschenfleisch. Sittlich und moralisch ist das Thema ein Tabu und nicht für zartbesaitete Gemüter geeignet. Dies ist die erste Anthologie dieser Art weltweit. Falls Sie zugreifen, dann tun sie es auf Ihre eigene Verantwortung!
Frank Festa (Hg.): Kannibalen
Festa 2011; ISBN: 978-3-86552-126-2; Seiten: 316; Übersetzung: diverse; Ausstattung: Taschenbuch; Inhalt: Erzählungen, Auszüge aus Medienberichten; Buch beim Verlag: hier
Ich habe das Buch zum Fressen gern. Eine wohlausgewogene Rezeptur von Menschenfresser-Geschichten, von klassisch bis modern, von Edgar Allan Poe bis Greg F. Gifune, von H. P. Lovecraft zu Graham Masterton, von E.T.A Hoffmann zu Edward Lee. Von zart bis hart. Kannibalen ist eine der besten Themen-Anthologien seit langer Zeit.
Wie nicht anders zu erwarten, üben sich die Klassiker wie Edgar Allan Poe, oder E.T.A Hoffmann etwas in Zurückhaltung und in mehr oder weniger dezenten Anspielungen. Also Tafelspitz. Im Gegensatz dazu die Vertreter der Schnitzel mit Pommes Fraktion – der notorisch grausige Edward Lee mit einer geradezu köstlichen Geschichte, oder Graham Masterton mit einer meisterlich perversen Geschichte namens Eric, die Pastete. Fängt geradezu lieb und entzückend an und steigert sich radikal.
Den Beitrag von Tim Curran sollten Leser mit empfindlichen Magen vielleicht nicht nach dem Essen genießen. Maden ist eindrucksvoll – bis hin zum Geruch, zur Konsistenz, zum Geschmack, zum Geisteszustand. Natürlich Geschmackssache, aber eine großartige Erzählung, ein kleines, aber so richtig grausiges Kunstwerk. So viel … nein, ich sag es nicht. Rülps, selber lesen!
Die Zusammenstellung ist hervorragend, nicht eine der Geschichten ist langweilig oder überflüssig oder missraten. Bei Edward Lee ist der Titel Programm: Madenmädchen im Gefängnis der toten Frauen. Mahlzeit! Dieser Titel hält, was er verspricht, ein typischer, extremer Lee, derb und komisch. Lord Glypthards Geschichte von Brian McNaughton ist schon fast ein Roman, stimmungsvoll, bizarr, schön. Der Kannibalenschmaus von David Case wiederum ist ein langer, sehr höflicher und charmanter Witz.
Auch die anderen Erzählungen sind lesenswert, von Harlan Ellison bis Robert Bloch und Anthony Boucher, jede einzelne Geschichte unterscheidet sich von den übrigen und so bietet das Buch ein weites Spektrum an Ideen und Ausführungen zu einem Thema. Es ist angerichtet.
Und, und, und. Appetithappen für jeden Geschmack. Schmausen, schmatzen, mampfen, genießen. Ich sage mal ganz einfach Mahlzeit und Guten Appetit. Lasst euch die Geschichten schmecken und haut rein. Leckere Lektüre.
Kurz gesagt:
- exzellente Zusammenstellung
- für alle Geschmäcker
- köstliche Unterhaltung
Fazit: absolut eine Empfehlung
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