[REZENSION]: Richard Laymon: Furien
Inhalt: Ein Kinobesuch wird für Marty zum schlimmsten Albtraum, als sie den Kerl sieht, der hinter ihr sitzt. Willy – der Mann, der vor zehn Jahren in ihre Wohnung einbrach und sie vergewaltigte. Er ist raus aus dem Gefängnis. Er ist auf der Jagd nach ihr. Willy ist eine Furie … Furien – ein Kurzroman und 12 weitere Begegnungen mit dem Grauen.
Richard Laymon: Furien
(OT: Fiends; 1997); Festa Verlag 2010; ISBN 978-3-86552-136-1; 344 Seiten; Übersetzung: Doris Hummel, Michael Plogmann; Ausstattung: Taschenbuch; Inhalt: Vorwort von Dean Koonz; 1 Kurzroman, 12 Erzählungen
Vorab: Todschick! Ein wirklich schön gemachtes Buch. Sehr ansprechendes Covermotiv, sexy, böse, cool. Die Schatten der Titelschrift, das Richard von Laymon senkrecht im L, der rote Mund, perfekt. Der Umschlag mit der leicht rauen Oberfläche greift sich super an. Mit dieser Haptik können die Heyne Ausgaben von Laymon nicht mit.
Das Buch versammelt einen Kurzroman und ein Dutzend Erzählungen von Laymon und beweist drei Dinge: Erstens, Collections und Anthologien sind bei Kleinverlagen wirklich gut aufgehoben. Zweitens, Laymon war auch in der Kurzform ein Meister. Und Drittens …
… ist Dean Koontz ein Trottel. Er glaubt vermutlich wirklich, witzig zu sein. Aber das Vorwort ist grotesk übertrieben und als Liebeserklärung an einen Freund und Kollegen peinlich. Als Koontz noch einen Schnauzer und eine Beinahe-Glatze hatte, schrieb er ausgezeichnete Horrorbücher. Dann hat er sich rasiert und eine Perücke (!) aufgesetzt.
Zurück zu Laymon: Die Geschichten sind um nichts weniger grausig als seine Romane, zeigen aber in etlichen Fällen eine eher unerwartete Seite des Terrormeisters: Seinen Humor. Er hatte einen rabenschwarzen Humor in der ganzen Bandbreite von hinterfotzig und fies bis hin zur kindisch kichernden Häme. Und er hat es ausgezeichnet verstanden, sehr pointierte Geschichten zu schreiben.
Der Katzenwurf, Der Anhalter in der Wüste oder auch In der Wildnis sind typische Beispiele für Laymons Humor. Kinder, Kätzchen und der hämische Tabubruch, wonach keinem von beiden Schlimmes passieren darf, har har har. Bei der Geschichte mit dem Anhalter denkt man zuerst an Hitcher, der Highwaykiller und dann macht man ein dummes Gesicht … und die Wildnis Geschichte hat einfach eine saublöde und komische Pointe.
Unholde, der Kurzroman, ist klassisches Laymon-Land mit Anhaltern, Psychopathen, Vergewaltigern und Psychosen. Trotzdem ist die Geschichte sogar menschlicher als einige der Romane, beinahe liebenswert. Und sie bietet einen unerwarteten letzten Akt. Ein sensibles kleines Meisterwerk, das zeigt, warum man Laymon nicht als derben Splatterautor abtun kann.
Es ist ziemlich sinnlos, auf jede Geschichte einzeln eingehen zu wollen. Ungebetene Gäste, köstlich. Die Jagd, purer Terror. Die Auserwählten (hat jemand Daybreakers gesehen?), zu jeder Geschichte ließe sich erzählen, wie toll und pointiert und originell oder unerwartet und überhaupt sie doch ist. Das würde dann klingen wie das Vorwort von Koontz.
Laymons Geschichten lesen sich wie Roald Dahl im Blutrausch. Wer seine Romane schätzt, bitte unbedingt dieses Buch schnappen und lesen, es begeistert rundum. Wer Laymon noch nicht kennt, diese Storysammlung ist ein ausgezeichneter Anfang einer viele Bücher umfassenden Liebesbeziehung von Leser zu Autor.
Herrje, die Rezension ist tatsächlich wie das Vorwort von Koontz. (Ist Koontz jetzt tatsächlich ein Idiot?) Naja. Aber alles was ich schreibe ist echt und ehrlich ganz authentisch, wirklich. Wäre ich beim Lesen nicht im Bett gelegen, hätte ich jetzt gesagt, das Buch hat mich vom Hocker gehauen. Aber das wäre gelogen. Ich habe nur meine Frau mit Kichern und verblüfften Hmpf- und Häh-Lauten genervt.
Kurz gesagt:
- köstliche, böse Geschichten
- spannend, witzig, drastisch
- schön gemachtes Buch
Fazit: absolut und uneingeschränkt eine Empfehlung.
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