[REZENSION]: Jack Kilborn: Angst
Inhalt: Als ein schwarzer Militärhubschrauber in der Nähe von Safe Haven, Wisconsin, niedergeht, einem kleinen Provinznest, ahnt noch keiner der Bewohner das drohende Unheil. Denn die fünf Gefangenen, die nach der Bruchlandung entkommen, sind die grausamsten Massenmörder der Vereinigten Staaten – und sie sind auf dem direkten Weg nach Safe Haven. Ein beispielloses Blutbad beginnt…
Jack Kilborn: Angst
(OT: Afraid; 2009) Heyne Tb 01/2011; 397 Seiten; ISBN: 978-3-453-52797-3; Übersetzung: Wally Anker; Ausstattung: Taschenbuch
Ein unbedarfter Leser, der sich einen gemütlichen, spannenden Thriller zu Gemüte führen möchte, wird vielleicht sogar Angst vor diesem Autor bekommen (ha ha), ihn für einen soziopathischen, geisteskranken und irren Sadisten halten. Angst ist wirklich ein starkes Stück Splatter.
Das Buch ist einer der sadistischsten Romane, der mir je untergekommen ist. Wer die Thriller von Cody MacFadyen oder Chelsea Cain mag – Angst ist gemeiner und hat Momente, in denen er Richard Laymon in den Schatten stellt – und dass will was heißen. Die Detailverliebtheit, mit der Kilborn die Folterszenen schildert, ist streckenweise schwer verdaulich und verleitet dazu, sich zu winden. Dem Buch fehlt ein entscheidendes Element, das diesen ausgeprägten Sadismus leichter erträglich machen würde – Humor. Dieser Roman ist beinhart.
Kilborn schenkt seinen Lesern genauso wenig wie seinen Protagonisten. Keinen mildernden Humor, ungebremste Orgien an Gewalt, äußerst wirksame Folterungen, detaillierte Schilderungen ohne Ende, uff. Kilborn hat sich umfassend schlau gemacht, was Anatomie, Schmerzen und … Anatomie, Schmerzen und … äh, Anatomie und Schmerzen betrifft.
Jack Kilborn erwähnt in seinem Blog, in einem Interview mit Thrillerkollegen James Rollins, seinen neuen Roman Timecaster: »… It’s a sci-fi thriller filled with humor, sex, over-the-top violence … I love this book, and so will my fans. It’s easily the craziest thing I’ve ever written, and loads of fun.«
Na gut, ein Autor, der sein neues Buch bewirbt und Sprüche klopft, möchte man meinen. Aber wirklich gruselig ist der Umstand, das Angst nicht das verrückteste Buch ist, das er geschrieben hat. Dabei ist der Roman wirklich durchgeknallt und die Gewalt ist wahrlich over the top, aber wie! Vor allem wenn sich noch sexuelle Komponenten einschleichen wird es sehr unbehaglich. Wenn Kilborn das noch steigern kann – und nach der Lektüre dieses Buches glaube ich ihm sofort, dann … aua.
Die Handlung selbst ist klassischer Genrestoff, nichts gewaltig Neues. Weder umwerfend originell noch schlecht, einfach gut geschriebene und spannend zu lesende Lektüre. Man weiß, woran man ist und das ist in diesem Fall wirklich gut. Die Kilborn Bücher dürften eine gewisse Vorliebe für klassische Settings haben, die durch den Fleischwolf des Autors gedreht werden. Was dabei rauskommt ist ein aus mehreren Gründen bemerkenswerter Splatter-Thrill.
Zum einen sind da der Blutzoll, die unglaublich detailreichen Folterszenen und der beeindruckende Sadismus. Hinzu kommt der ausgeprägte Irrsinn, der diese Killer beherrscht. Der auf den ersten Blick glaubwürdig erscheinende Unterbau aus Technik, Wissenschaft und Skrupellosigkeit. Dazu kommt die Fähigkeit von Kilborn, seine Story wider Erwarten doch mit einem originellen Drall zu versehen, zumindest hier hat er es getan. Das bringt zwar keine Punkte für die Glaubwürdigkeit, macht aber Spaß.
Hat mir Angst jetzt gefallen? Ja, absolut. Der Wahnsinn, der die Geschichte beherrscht, ist beeindruckend. Kann ich Angst weiterempfehlen? Ja, an jeden, der einen starken Magen hat. Werde ich weitere Bücher von Jack Kilborn lesen? Sehr gern sogar.
Als Jack Kilborn schreibt der Mann Horror und Splatter. Als J.A. Konrath schreibt er Thriller. Als Joe Kimball schreibt er Science Fiction. Obiges Zitat gehört zu einem Kimball Roman. Ganz egal unter welchem Namen, der Mann schreibt harten Stoff.
Ich frage mich nur, warum Heyne diesen Roman nicht in seiner Hardcore Reihe herausgebracht hat – wenn dieses Buch eines ist, dann wirklich härtester Hardcore.
Kurz gesagt:
- ungemein sadistischer Thriller
- extrem blutrünstig und durchgeknallt
- spannende Angelegenheit
Fazit: Einen starken Magen vorausgesetzt macht das Buch verdammt viel Spaß