[REZENSION]: Joseph Gelinek: Die 10. Symphonie
Inhalt: Die Musikwelt steht kopf, als der berühmte Dirigent Ronald Thomas in einem Privatkonzert den ersten Satz von Beethovens verschollener Zehnter aufführt. Am nächsten Tag jedoch wird Thomas enthauptet in einem Park bei Madrid gefunden. Wer mordet im Dienste der Musik? Eine fieberhafte Suche in codierten Notenschriften und alten Partituren, durch mehrere Länder und Jahrhunderte beginnt, an deren Ursprung eine verbotene Liebe steht…
Joseph Gelinek: Die 10. Symphonie
(OT: La Decima Sinfonia; 2008) Knaur Pb 04/2009; ca. 425 Seiten; ISBN: 978-3-426-66352-3; Übersetzung: Johanna Wais Ausstattung: Klappbroschur
Ich hätte dieses Buch niemals gelesen, wenn mir nicht ein Rezensionsexemplar in die Hände gefallen wäre. Tja. Außerdem mag ich (eingeschränkt, aber doch) Beethoven. Von daher war es verlockend, einen Blick hineinzuwerfen. Dieses Büchlein gibt vor, ein Mysterythriller über die verschollene 10. Symphonie von Beethoven zu sein.
Ähm. Quatsch mit Soße.
Ein krampfhaft auf schick gezwungenes Buch mit lächerlichen Verschwörungstheorien, Freimaurern, Nachfahren von Napoleon und ein paar Klischeefiguren, die durch die haarsträubende Handlung einem vollkommen absurden, an den Haaren herbeigezogenem, Ende entgegenstolpern. Würde man das blöde Finale von Anfang an in Betracht ziehen, wäre das Buch gleich am Anfang überflüssig, weil es sich schon im Prolog verrät. Aber das bemerkt man nicht weil man eine so idiotische Auflösung gar nicht in Betracht zieht.
Auffällig auch, das scheinbar niemand das Manukript korrekturgelesen hat, um ein paar Schnitzer, wie sie beim Schreiben zwangsläufig passieren können, auszubessern. Nun, bei diesem Buch ist es sowieso egal, da es von Haus aus schlicht grottenschlecht ist.
Unglaubwürdige Figuren, lächerliche Handlungskniffe und ein Autor, der wahnsinnig stolz auf seine “Kniffe” ist und das durchaus erkennen lässt. Das ist zwischendurch ziemlich aufdringlich und nicht sehr sympathisch. Überdies prahlt er auch ununterbrochen mit dem Wissen, das er sich für diese Geschichte zugelegt hat und das nervt. Das Übel daran, seine Hauptfigur ist Unidozent und die Figur doziert und doziert und doziert den Leser in Grund und Boden und wenn nicht der Dozent doziert, dann dozieren alle anderen Figuren.
Wer glaubt, ein Dan Brown Thriller ist absurd, sollte dieses Buch mal lesen. Es ist noch absurder, noch schlechter geschrieben und viel schlechter durchdacht. (Also eine ideale Vorlage für den nächsten Tom Hanks Film.) Immer wieder versucht Gelinek, den Leser auf die falsche Fährte zu locken, aber er macht es haarsträubend plump und baut seine ganze Geschichte auf Bergen von unglaubwürdigen Momenten auf und trachtet danach, jedes Kapitel wie einen Cliffhganger abzuschließen.
Ich erwarte von einem Thriller nicht, das seine Geschichte in der Realität nachvollziehbar ist. Aber ich erwarte, das sie innerhalb ihrer Idee schlüssig und nachvollziehbar bleibt und nicht von einem absurden Manöver zum nächsten springt, um an ihr Ziel zu gelangen. (Wenn innere Logik vorhanden ist, darf die Idee vollkommen absurd sein, aber das Ergebnis ist letztendlich glaubwürdig und darauf kommt es an) Genau dabei versagt der Thriller kläglich.
Ich bin einer jener Leser, die eine fesselnde Geschichte lieber haben als perfekte Sprache, aber auch ich habe meine Grenzen. Meiner Meinung nach sollte sich die Sprache eines Buches der Geschichte anpassen. Damit meine ich, ein Zombieroman braucht keinesfalls wie ein Roman von Thomas Mann daherkommen, das passt einfach nicht. Thriller dürfen zügig und in einer klaren, schnörkellosen Sprache geschrieben sein.
Die 10. Symphonie ist demnach ein dick geratenes Jerry Cotton Heft aus den 80er Jahren. Oder sowas ähnliches.
Fazit: Vergiß es!
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