Die Eindrücke, die ich hier wiedergebe, sind höchst subjektiv, wobei ich nach Gesprächen feststelle, dass ich nicht der einzige bin, der in einigen Aspekten des Themas Buchmesse ähnlich denkt.
Zwischen meinem letzten Besuch der Buchmesse Frankfurt – die Fachbesuchertage, die Publikumstage habe ich stets gemieden – liegen um die 15 Jahre. Das ist eine lange Zeit, in der man einige Neuerungen erwarten kann. Gerade angesichts der Umwälzungen in den Medienlandschaften – Überhandnahme der sozialen Medien, das Zerfallen der althergebrachten Strukturen im Musikgeschäft, die Explosion des Streaming – möchte man meinen, dass auch das Verlagswesen daran gegangen ist, sich neu zu definieren und den Veränderungen zu öffnen.
Das ist, meiner Beobachtung nach, nicht wirklich geschehen. Ich habe wieder dieselben Anzugträger mit denselben Köfferchen mit selbstdarstellerischer Wichtigkeit gesehen, wie sie dastehen und telefonieren und nicht einmal im Shuttlebus vom Parkhaus zum Eingang von ihrem Handy ablassen können. In der Halle sieht man auch heute noch die stets gleiche Form der Präsentation, die unveränderte Art von Gesprächen, die auch ich einst geführt habe. Die Monolithen der Branche präsentieren sich, wie sie es stets getan haben. Als wäre die Zeit still gestanden.
Der Newsletter der Messe spricht von einem Besucherplus von 1,8 Prozent an den Fachbesuchertagen, von 8 Prozent am Publikums-Wochenende. Mein Eindruck für die Fachtage ist ein wenig anders, aber das ist wohl wirklich subjektiv. Ich habe den Zirkus voller und gedrängter in Erinnerung. Übrigens ist mein absurdester Eindruck der Messe etwas völlig anderes: Eine Angestellte bei den Gardaroben, die lautstark und mit kommandierender Geste die Traube Menschen vor ihr in eine Schlange geordnet hat – quer durch den Korridor, um ja ein Hindernis für jene zu errichten, die direkt an ihr Ziel gelangen wollen. Das hat mich echt beeindruckt.
Ein wenig wirkt die Branche, sieht man sie in derart konzentrierter Form, gefangen. Hauptsächlich geht es wohl nur mehr um die Selbstdarstellung, um die Befriedigung von Medien, um die Inszenierung von Bestsellern und die Abfertigung von Bloggern, die sich Rezensionsexemplare holen. Man könnte, wenn man zynisch ist, meinen, die großen Verlage warten darauf, dass einer von ihnen den ersten Schritt macht und auf die Messe verzichtet, weil eigentlich überflüssig und sündteuer. Aber wer immer das als Erster tut, hat dann die Arschkarte der schlechten Nachrede und der Spekulation über finanziellen Probleme am Hals. Gut, von dieser Art Gemauschel sind einige der Verlage ohnehin schon betroffen.
Natürlich ist nicht alles einheitlich über den Kamm zu scheren und bei den Fachverlagen ist durchaus ein Hang zur Inklusion moderner Medien zu erkennen. Zwangsläufig, thematisch bedingt, aus praktischen Erwägungen heraus. Wobei auch hier der Eindruck besteht, dass Platzhirsche sich weniger gern nach außen öffnen. Müssen sie auch nicht – noch. Wenn sie einmal gezwungen sein werden, mag es schon zu spät sein, weil andere den Platz übernommen haben und sich auf jahrelange Erfahrung und Aufbauarbeit stützen können.
Immerhin ist auch das Self-Publishing auf der Messe vertreten und bietet interessante Vorträge, es gibt einige sehr hübsche Kleinverlage für Genre-Literatur und der eine oder andere Non-Book-Anbieter steckt auch irgendwo in einer Koje. Etliche Verlage, die sich stets weiterentwickeln oder neu entstanden sind, waren in Frankfurt gar nicht vertreten – für mich ist da Festa das Paradebeispiel eines mittelständischen Verlags, der einen Kurs fährt, den man als kreativ bezeichnen kann und der es sich geleistet hat, diese Messe zu meiden, ohne dass es dem Unternehmen geschadet hat. Aber das wäre einen eigenen Beitrag wert.
Wahrscheinlich ist der Eindruck der Messe auch anders, wenn man gezielt diverse Veranstaltungen besucht, oder an Autorentreffen teilnimmt. Der Fokus ist anders, konzentriert auf einen schmalen Bereich, auf ein bestimmtes Thema. Da sieht die Sache schon anders aus, das ist ganz klar. Aber das war nicht, was ich wollte.
Ich wollte neben meinen Vorhaben und Terminen einen Gesamteindruck der Messe gewinnen. Und dieser ist der eines Dinosauriers in einer Glasglocke, die von der Zeit umspült wird. Nur dass diese Glocke diverse Risse und Sprünge aufweist und ihre Haltbarkeit am Ende angelangt ist. Nicht heute vielleicht, sogar nicht einmal morgen, doch unabwendbar.
Michael Krug, Service und Unterstützung für Self-Publisher, Übersetzungen, … mehr Infos …
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Der Beitrag [SUBJEKTIVER EINDRUCK]: Kurze Rückschau Frankfurt erschien am 25.10.2019 auf Kultplatz.net …
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