UPDATE 01, 09.03.2018: Film-Journalist Hans Langsteiner (der viel präzisere Worte findet, als ich es je könnte) in der aktuellen Ausgabe des Magazins Bühne:
“… Vor diesem Setting entwickelt del Toro nun ein Plädoyer für Toleranz, Sinnlichkeit und Vitalität, das umso mehr überzeugt, als es sich völlig unaufdringlich aus der Handlung und ihrem Personal verdichtet. Die beste Freundin der unscheinbaren Putzfrau ist Afro-Amerikanerin, einer ihrer Bekannten muss seine Homosexualität verbergen, und ein russischer Spion wechselt zuletzt auch moralisch die Seiten. Gegenspieler dieser Helden und Heldinnen des Alltags ist der skrupellose Abteilungsleiter, der der stummen Liebenden so rüde nachstellt, als hätte der Film die aktuelle Me-Too-Debatte vorweg genommen.”
Und weiter:
“Der Gefahr des platten Thesen-Kinos entgeht der Film auch durch seine Form. Guillermo del Toros Inszenierung wandelt mit traumwandlerischer Sicherheit auf dem schmalen Grat zwischen Realismus und märchenhafter Überhöhung. Die dunklen Labyrinthe des sinistren Forschungszentrums sind zugleich präzise Nachbildungen und Traumgebilde á la Piranesi, eine Sex-Szene mit dem Fisch-Mann bleibt glaubhaft und plausibel, und erst ganz zuletzt gewinnt die Fantasie endgültig die Oberhand.”
Perfekt.
Nachfolgend die stilistisch korrigierte Fassung der ursprünglichen Rezension (die in ihrem Überschwang etwas holprig geriet und die ich unmöglich so stehen lassen konnte).
THE SHAPE OF WATER
Story, Regie: Guillermo del Toro
Drehbuch: Guillermo del Toro, Vanessa Taylor
Darsteller: Sally Hawkins, Doug Jones, Octavia Spencer, Michael Shannon, Michael Stuhlbarg, Richard Jenkins
Inhalt: Die stumme Elisa (Sally Hawkins) ist während des Kalten Krieges in einem Hochsicherheitslabor der amerikanischen Regierung angestellt, wo sie einsam und isoliert ihrer Arbeit nachgeht. Doch als sie und ihre Kollegin und Freundin Zelda (Octavia Spencer) ein streng geheimes Experiment entdecken, das in dem Labor vorangetrieben wird, ändert sich Elisas Leben für immer. Sie freundet sich mit dem mysteriösen Fischwesen (Doug Jones) an, das dort in einem Tank gefangen gehalten wird.
Rezension: 123min pure Glückseligkeit. So kann man The Shape of Water auch bezeichnen. Es ist ein wunderbar romantisch-kitschiger Film, mit einigen Momenten der Brutalität und Härte, aber viel Herz und Gefühl. Guillermo del Toro und sein wohl persönlichster Film bisher haben die vier Oscars unbestritten verdient.
Der bedächtige Humor, die Schrulligkeit der Rituale, betonen die Einsamkeit der Figuren noch, die oft in traumhaft schönen, zugleich menschenleer erscheinden Bildern agieren, isoliert, einzig fähig, ihre Gefühle wortlos in Gesten, Gebärden und Blicken auszudrücken. The Shape of Water ist ein Film der unzähligen kleinen Gesten und Momente, der Aufmerksamkeiten und liebevollen Details, der raffinierten Vorbereitung auf große Momente.
Guillermo del Toro, der seit Beginn seines filmischen Schaffens stets fast kindliche Begeisterung und Liebe für das fantastische Kino zur Schau gestellt hat, der in unzähligen Stunden Dokumentationen, Tweets, Artikeln und Interviews immer auf all die Quellen verwiesen hat, die ihn inspirieren, hat hier ein Meisterwerk des konzentrierten Films und der Raffinesse geschaffen.
Ein Film voller Feingefühl, auch erfüllt von der magnetischen Bösartigkeit, die der von Michael Shannon gespielte Charakter verströmt. The Shape of Water ist ein Märchen für Erwachsene und behandelt sein Publikum auch als solche. Er erklärt nicht allzuviel, lässt sich Zeit, baut auf stillem, oft skurrilem Witz und kleinen Gesten und Szenen auf, auf den wunderschönen Kulissen und der perfekt dazupassenden Musik. Er schwelgt in Zitaten und Verweisen auf andere Filme, hat selbst für hässliche Momente bildhafte Schönheit übrig und schert sich in so manchem Augenblick nicht darum, was auch nur im Ansatz real sein könnte. Darum geht es gar nicht, der Film mündet letzten Endes in ein märchenhaftes Ende jenseits der Realität, das jeder Zuseher für sich selbst interpretieren kann und mag und das die Kraft hat, zu Tränen zu rühren. Del Toro beschäftigt sich mit den inneren Gefühlswelten und ihrer Kollision mit der Außenwelt.
Doug Jones als Fischmann, ruhender Pol und beinahe ein Hitchcock’scher McGuffin, trägt seine Maske mit atemberaubender Leichtigkeit, wie spätestens die Traumsequenz eindrucksvoll zeigt. Michael Shannon verkörpert mit der ihm eigenen Intensität, die schon in Boardwalk Empire beeindruckt hat, das Böse, wenn man so will, während Michael Stuhlbarg, der ebenfalls schon in Boardwalk Empire beeindruckt hat, hier fast unbemerkt in die Szenen eindringt und sie übernimmt.
Allen voran jedoch dominiert Sally Hawkins als stumme Elisa, die ohne Worte mehr zum Ausdruck bringt, als es alle Figuren gemeinsam zuwege bringen. Die mit 157cm geradezu schmächtige Schauspielerin beherrscht und dominiert auf ruhige, zurückgenommene Art jeden Moment des Films, sie entblößt Körper und Seele von Elisa, während sie uns in Entzücken gefangen hält und selbst in den intimen Momenten der Geschichte diesen Klammergriff – am schmachtet die Liebenswertigkeit von Elisa geradezu an – nicht lockert.
The Shape of Water ist ein Film, dem man sich einfach nur anschauen sollte und ihn so nehmen, wie er ist. Alles andere würde die Wirkung und dieses stille Gefühl der Zufriedenheit, das man danach verspürt, ruinieren. Ebenso wie es nur stört, wenn man zu viele Worte darüber verliert. Einfach anschauen und sich daran erfreuen.
The Shape of Water ist großes Gefühlskino für Erwachsene und ein kleiner Moment Glückseligkeit, der den Alltag bereichert.
Kurz gesagt:
- wunderschöne gemacht
- hervorragend gespielt
- erwachsen
Fazit: Guillermo del Toro hat ein wunderhübsches Meisterwerk erschaffen.
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Der Beitrag [REZENSION]: The Shape of Water erschien zuerst auf Kultplatz.net …
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