Inhalt: Bei einem schrecklichen Unfall verlor Commander Howard Falcon einst beinahe sein Leben, nur die hochentwickelte Technologie seiner Zeit konnte ihn damals retten. Nun macht er sich – halb Mensch, halb Maschine – auf eine atemberaubende Reise in die Zukunft, eine Reise durch Raum und Zeit. Es ist der Beginn eines Abenteuers, das die Geschichte des Menschen im Universum neu schreiben wird.
Stephen Baxter, Alastair Reynolds: Die Medusa Chroniken
(OT: The Medusa Chronicles, 2016) Heyne 11/2016; ISBN: 978-3-453-31784-0; Seiten: 519; Übersetzung: Peter Robert; Ausstattung: Paperback, Klappbroschur
Arthur C. Clarke: Ein Treffen mit Medusa
(OT: A Meeting with Medusa; 1971) Seiten: 73; Übersetzung: Eva Malsch
Die Story von Arthur C. Clarke, die dem Buch quasi als Bonus beigegeben ist, wäre aus Gründen der Sinnhaftigkeit zuerst zu lesen. Hier nämlich begegnet der Leser dem Helden dieses Romans zum ersten Mal. Nachdem der meisterhafte Roman von Baxter/Reynolds auf der Geschichte aufbaut, sie weiterführt und extrem erweitert, sollte man ernsthaft mit der Story von Clarke beginnen. Sie ist ausgezeichnet. Ich bin nicht der große Fan dieses meiner Meinung nach stark überschätzten Autors – Clarke wurde weltberühmt, weil ein gewisser Stanley Kubrick eine seiner Kurzgeschichten mochte und sich dafür entschied, daraus einen Film zu machen – das epochale Meisterwerk 2001. Clarke dehnte die Story danach zum Roman und schuf 3 Fortsetzungen, die mit jedem Buch schlechter wurden. Egal. Ein Treffen mit Medusa ist eine gute Story.
Die Medusa Chroniken ist eine gewaltige, Jahrhunderte umspannende Space Opera zweier großartiger Autoren. Ein Meisterwerk an Future History, eine Chronik der Menschheit, die über sich und ihre eigene Gier, die eigene Schöpfungskraft stolpert und an den Abgrund trudelt, während sie noch versucht, das Sonnensystem für sich zu erobern.
Ich bin hingerissen. Baxter und Reynolds haben keine überflüssige Zeilenschinderei betrieben. Jedes Kapitel, jede Schilderung eines Details hat ihre Berechtigung, oft genug dreht und wendet sich die Geschichte aufgrund der Details. Der Roman verströmt den zarten Duft von Realismus, auch wenn sich die Herren gewisse Freiheiten genommen haben. Die Genialität und den menschlichen Erfindungsgeist kontrastieren sie recht brutal mit der menschlichen Gier und Selbstsucht.
Mit der Hauptfigur Howard Falcon haben sie einen Gimmick, der die Handlung auf Jahrhunderte ausdehnt, der ein Zeitzeuge ist und dessen Perspektive es ist, die wir hauptsächlich zu sehen bekommen. Falcon ist ein nüchterner Charakter, der in der Lage ist, seine Erlebnisse und Begegnungen analytisch zu sehen, was den Autoren die Möglichkeit gibt, all die faszinierenden Details, die diese Zukunft bereit hält, zu schildern, wobei sie ganz bewusst immer wieder Lücken reißen, die Jahrzehnte währen.
Dieser Trick verleiht dem Buch auch das stets recht hohe Niveau an Spannung und Energie, da wir als Leser uns abschnittsweise neu orientieren und eingewöhnen müssen.
Ich will auf die vielen Details der Geschichte gar nicht eingehen, es wäre schade, das Leseerlebnis vorweg zu nehmen. Die Mischung aus Elementen, die nahe am Realismus und an der Wahrscheinlichkeit liegen mit den Dingen, die der riesigen Fantasie der Autoren entspringen, ist der Knackpunkt, der aus diesem Buch ein gewaltiges, faszinierendes Panorama unserer Zukunft bildet – einer möglichen Variante davon.
All die großartigen, großen Dinge, die hier passieren, halten jedes für sich einen eigenen Schrecken parat, der nicht weniger glaubwürdig erscheint. Will man in der Zukunft leben? Vermutlich in einigen Epochen davon, da wir mit unserer normalen Lebensspanne vieles nicht erfahren werden. Zum Glück.
Die Medusa Chroniken sind ein mächtiges, faszinierendes Panorama über die Eroberung des Sonnensystems und all die Schönheit und Schrecken, die es für die Menschen bereithält. Ein Teil ist hausgemacht, ein Teil davon wartet auf uns … wir sollten dem Jupiter mit großer Vorsicht und noch viel mehr Respekt gegenübertreten.
Kurz gesagt:
- eine gewaltige Space Opera
- eine faszinierende Future History
- ein fesselnder Roman
Fazit: absolut lesenswertes Meisterwerk der Science Fiction
STEPHEN BAXTER ist ein Meister der Future History. Sein Evolution ist ein faszinierendes Gemälde der Weltgeschichte von der Frühzeit an bis in eine unendliche Zukunft. Sein Epos Zeitschiffe ist eine Weiterführung von H.G. Wells – Die Zeitmaschine, eine Reise in gewaltige Dimensionen. Seine Xeelee-Romane schaffen es, an die Grenzen dessen zu gehen, was man sich vorstellen kann. Im Jänner ist in UK sein neuester Roman erschienen – The Massacre of Mankind. Hier setzt er neuerlich H.G. Wells fort – Krieg der Welten ist es in dem Fall.
ALASTAIR REYNOLDS hat es mit der gewaltigen Space Opera, kilometerlangen Raumschiffen und komplexen Zivilisationen. Er verwickelt seine Protagonisten gern in allerlei Ungemach, politische Komplikationen, fremdartige Begegnungen, in Reisen durch Zeit und Raum, die nachzuvollziehen nicht immer einfach sind. Aber faszinierend ohne Ende. Die Revelation Space (dt. Inhibitor Zyklus) Bücher sind mächtig, größenwahnsinnig und fesselnd.
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Der Xeelee Zyklus von Stephen Baxter:
— Raft; 1991 – dt. Das Floß
— Timelike Infinity; 1992 – dt. Das Geflecht der Unendlichkeit
— Flux; 1993 – dt. Flux
— Ring; 1994 – dt. Ring
— Vacuum Diagrams; 1997 – dt. Vakuum Diagramme (Erzählungen)
— Xeelee: Endurance; 2015 (Erzählungen), keine dt. Ausgabe
Destinys Children – ein dazu gehöriger Sub-Zyklus:
— Coalescent; 2003 – dt. Der Orden
— Exultant; 2004 – dt. Sternenkinder
— Transcendent; 2005 – dt; Transzendenz
— Resplendent; 2006 (Erzählungen), keine dt. Ausgabe
Revelation Space von Alastair Reynolds:
— Revelation Space; 2000 – dt. Unendlichkeit
— Chasm City; 2001 – dt. Chasm City
— Redemption Ark; 2002 – dt. Die Arche
— Absolution Gap; 2003 – dt. Offenbarung
— Diamond Dogs, Turquoise Days; 2003 – Träume von Unendlichkeit (2 Novellen)
— Glactic North; 2006 – keine dt. Ausgabe
— The Prefect; 2007 – dt. Aurora
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