INHALT: 1967 stürzte eine unbemannte US-Raumsonde über Arizona ab. An Bord befand sich ein außerirdischer Mikroorganismus, der jeden getötet hat, der damit in Kontakt kam. Ein Team aus den besten Wissenschaftlern schaffte es, die Verbreitung des Organismus, den sie Andromeda getauft hatten, zu verhindern. In der Fairchild Air Force Base wacht seither das Project Eternal Vigilance über die Erde: Es soll beim geringsten Anzeichen eines Andromeda-Ausbruchs losschlagen können. Jetzt, nach Jahrzehnten ohne einen Zwischenfall, steht die Task Force kurz vor dem Aus. Da entdeckt eine Drohne mitten im brasilianischen Dschungel die chemische Signatur Andromedas. Doch der extraterrestrische Organismus hat sich weiterentwickelt – zu einer noch tödlicheren Gefahr für die Menschheit …
Original: The Andromeda Evolution, 2020; Verlag: Heyne 04/2021; Seiten: 384; Übersetzung: Kristof Kurz, Stefanie Adam
REZENSION: Das also ist die Fortsetzung zum wirklich meisterhaften Andromeda von Michael Crichton [Rezension]. Daniel H. Wilson ist der Autor der Robocalypse, einer sehr guten Science Fiction, geschrieben im Stil einer Oral History. Crichton hat bei Andromeda den Stil eines Dokumentarberichts gewählt und so war Wilson wohl naheliegend, diesen Stil zu übernehmen und im Auftrag der Erben die Fortsetzung zu verfassen. Die Welt inmitten der Pandemie war auch ein richtig guter Zeitpunkt, um einen Science-Thriller um eine Art Viren rauszuwerfen.
Wilson hat sich sehr gut darauf verstanden, dem Erzählstil Crichtons treu zu bleiben. Er hat das Buch in der Gegenwart angesiedelt, stellt gekonnt die Verbindungen zum Original aus dem Jahr 1969 her und weiß, wie man eine spannende Geschichte auf originelle Weise erzählt. Viel gibt es daran nicht zu bemäkeln. Die Fortsetzung kann relativ gut mit dem Original mithalten und ist kaum weniger spannend und unterhaltsam.
Was Wilson aber nicht geschafft hat: Den selben Grad an Glaubwürdigkeit zu erreichen, den Crichtons Buch für sich verbuchen kann. Man ist sofort gewillt, Andromeda den Status eines Berichts über ein wahres Geschehen zuzubilligen. Andromeda: Die Evolution tut sich da schon deutlich schwerer. Bloß begeht er einen Fehler, den viele Gegenwartsautoren begehen, wenn sie einen Science-Thriller verfassen: Wilson will kolossal sein. Die Geschichte ufert aus, wird bombastisch und gerät bei allem wissenschaftlichen Unterbau in haarsträubende Gewässer, mit denen schon Arthur C. Clarke seinerzeit den Roman 3001 versaut hat.
Crichton, zu dieser Zeit Meisterautor (was sich nach Dino Park – wie Jurassic Park zuerst hieß, drastisch änderte), konzentrierte seine Story auf die Wissenschaftler, die versuchten, Andromeda Herr zu werden. Dieses “kleine” Drama gewann durch die Konzentration ungeheuer an Größe. Wilson hingegen geht global und greift bis zur ISS in die Erdumlaufbahn, um noch spektakulärere Szenen zu präsentieren. Sehr spannend, ordentlich und wohl auch durch Fakten unterstützt, aber glaubwürdig? Da schwächelt die Sache deutlich. Nicht falsch verstehen, der Roman macht Spaß und liefert, was er soll. Aber liest man beide Werke im Doppelpack, fällt dieser Unterschied drastisch ins Gewicht.
Andromeda: Die Evolution ist ein Buch der Gegenwart. Es ist laut, krachend, bombastisch, hat die Fakten parat, um die Geschichte zu erzählen … aber irgendwie ist die ganze Sache doch etwas schal und unglaubwürdig. Wie ein Blockbuster, bei dem die Effekte zu perfekt und steril sind, bei dem die Handlung so völlig erkennbar nach klassischen Mustern und Schemen ausgerichtet wurde, um das größtmögliche Publikum anzusprechen.
Ich bin sicher, das Buch hat sich saugut verkauft. Die Erben, die es darauf anlegen, jeden verdammten Einkaufszettel von Crichton, den es im Nachlass gibt, zu Geld zu machen, haben hübsch verdient. Das Studio, das die Rechte für die Verfilmung erworben hat, freut sich auch, denn der Roman ist perfekt zum Film oder zur Serie zu verarbeiten. Alles ist ganz genau so arrangiert, wie es gebraucht wird.
Zusammenfassung:
- Anspruch/Stil: **** dokumentarisch, spannend
- Gewalt/Gore: ** im Action-Rahmen
- Sex/Perversion: * nicht vorhanden, nicht vermisst
- Unterhaltungwert: *** hoch
- Gesamteindruck: *** Thriller mit Größenwahn
Kurz gesagt: Andromeda: Die Evolution ist unterhaltsam und spannend, aber zu größenwahnsinnig
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Der Beitrag [REZENSION]: Michael Crichton, Daniel H. Wilson: Andromeda: Die Evolution erschien am 09.07.2021 auf Kultplatz.net …