Inhalt: »Ihr erster Gedanke war, dass man sie lebendig begraben hatte. Dass sie sich in einem Sarg befand. Unter ihrem Rücken spürte sie Holz, und dicke Bretter auch zu ihrer Linken und zu ihrer Rechten, so nah, dass sie gerade noch den Arm heben konnte, um zu erfühlen, dass auch über ihr Holz war. Nie zuvor hatte sie Angst vor engen Räumen gehabt. Doch dieser Raum machte ihr große Angst.«
Jack Ketchum: Lebendig
(OT: Right to Life; 1998); Heyne 05/2014; ISBN: 978-3-453-67658-9; Seiten: 224; Übersetzung: Kristof Kurz; Ausstattung: Taschenbuch, 2 Bonusgescnhichten – Tapferes Mädchen, Rückkehr (Brave Girl, Returns)
Das wahre Grauen, das Jack Ketchum verbreitet, erschafft er durch seinen trockenen Realismus. Man glaubt seinen Büchern sofort, dass das Tatsachenromane sind (wie es bei einigen Büchern auch der Fall ist) und das macht die Szenen der Gewalt – auch diese im nachvollziebar realistischen verhaftet – so schmerzhaft.
Lebendig ist ein doppelsinniges Buch, das zum einen als brutaler Roman fungiert, in dem eine Frau vor einer Abteibungsklinik entführt und gefoltert wird. Doch das Opfer muss erkennen, dass die angebliche Rettung ihres Ungeborenen durch die Fanatiker nur ein Vorwand ist.
Beschränkt man sich auf die Geschichte, wird man mit einem Unbehagen bereitenden, spannenden, sehr brutalen Roman konfrontiert. Ketchums Stil, knappe Sätze, wenige Worte, ausschließliche Fokussierung auf die Haupthandlung, zeigt überaus gekonnt Wirkung.
Liest man den Subtext mit, geht es im Buch um das Recht auf den eigenen Körper, um freien Willen, um Fanatismus, um Gewalt und Missbrauch. In diesem Subtext kann man auch die Meinung des Autors zu dem Thema mitlesen und das macht ihn sehr sympathisch.
Ist mir zwar schleierhaft, inwiefern er als ehemaliger Babysitter von Lady Gaga für sie verantwortlich zu machen ist ;-) andererseits war er auch der Literaturagent von Henry Miller. Das alles hat jetzt nichts mit dem Roman zu tun, passt aber irgendwie gerade dazu.
Lebendig ist ein recht kurzer Roman – es gibt auch nicht mehr zu erzählen. Ketchum hat noch in keinem seiner Bücher Seitenschinderei betrieben. Er erzählt die Geschichte, wie sie zu sein hat und das ist es.
Lebendig ist ein starkes Stück Literatur.
Heyne hat sich nicht lumpen lassen und noch zwei Kurzgeschichten beigepackt. Sie haben keinen Zusammenhang mit dem Roman, stellen aber thematisch eine Einheit dar. In beiden Fällen geht es um Gewalt und Missbrauch.
Lebendig und die Erzählungen sind keine leichte, aber starke und gefühlvolle Kost, die dazu einlädt, nachzudenken, ohne ihre Botschaft dem Leser aufdrängen zu wollen. Die Kunst des Jack Ketchum.
Kurz gesagt:
- knappe Sprache
- bitter realistische Geschichte
- eindrucksvolle Gesamtwirkung
Fazit: Ein starkes Stück Ketchum
— Dead River Trilogie: Bd. 1: Beutezeit; Bd. 2: Beutegier; Bd. 3: Beuterausch
— Jack Ketchum im Interview mit Brian Keene: [– Der Brian Keene Podcast: The Horror Show –]
Jack Ketchum bei Kultplatz.net:
Jack Ketchum: Sie erwacht [Rezension folgt] …
Jack Ketchum: Ladies Night (05/2020) [Rezension folgt] …
Jack Ketchum: Psychotic [Rezension] …
Jack Ketchum, Lucky McKee: Ich bin nicht Sam [Rezension] …
Jack Ketchum, Lucky McKee: Scar [Rezension folgt] …
Jack Ketchum: Jagdtrip [Rezension] …
Jack Ketchum: Lebendig [Rezension] …
Jack Ketchum: Versteckt [Rezension] …
Jack Ketchum: Beutezeit [Rezension] …
Jack Ketchum: Jagdzeit [Rezension offline] …
Jack Ketchum: Evil [Rezension offline] …
Jack Ketchum: Wahnsinn [Rezension offline] …
Jack Ketchum, Lucky McKee: Beuterausch [Rezension] …
Jack Ketchum: The Lost [Rezension] …
Jack Ketchum: Beutegier [Rezension] …
Jack Ketchum: Versteckt [Rezension offline] …
Jack Ketchum: Amokjagd [Rezension] …
Jack Ketchum: Blutrot [Rezension] …
Der Beitrag [REZENSION]: Jack Ketchum: Lebendig erschien zuerst auf Kultplatz.net …
.