UPDATE 03.11.2017: Auf Provideo Coalition gibt der Editor von Blade Runner 2049, Joe Walker, ein recht ausführliches Interview. Dabei spricht er von einem ersten Cut des Films, der 4 Stunden lang war und von dem Mühsal, den Film zu kürzen, der in dieser Länge als Zweiteiler hätte kommen sollen. Leider spricht er auch davon, dass es diese extreme Version nie zu sehen geben wird.
Wer den Film noch nicht gesehen hat, dem lege ich das Meisterwerk ans Herz.
### Die originale Rezension: ###
Ich habe den Film in 3D gesehen und in englischer Originalfassung – soviel vorab. Der originale Blade Runner ist mein liebster und meistgesehener Film überhaupt und ich bin echt glücklich sagen zu können, dass Blade Runner 2049 nicht weniger als ein würdiger Nachfolger, ein Meisterwerk, geworden ist. Ich habe mich gefürchtet, diesbezüglich enttäuscht zu werden und bin froh, dass es ganz anders kam.
Blade Runner 2049 hat mich tief bewegt und ich halte ihn für schlicht ein Meisterwerk, das zusammen mit dem ersten Film und hoffentlich einem dritten Film (auch wenn die Chancen gering sind) ein Epos über Menschlichkeit und die Bedeutung des Menschseins erzählt. Blade Runner 2049 exerziert vor, was wirklich herausragende Science Fiction ist: Eine Geschichte, in der es um Kleinigkeiten geht, die von universeller Bedeutung sind, in einer Form erzählt, die das Fremde und das Vertraute zu einer Einheit verschmelzen.
Ich hätte zwar gern auf das 3D verzichtet, aber mein Lieblingskino hatte ihn nur in dieser Fassung parat, also habe ich ihn so gesehen – und wieder wurde ich nicht enttäuscht. Ich mag 3D eigentlich nicht, doch Regisseur Denis Villeneuve hat es verstanden, diesen Effekt hervorragend einzusehten – in nahezu jeder Szene. Der Film wirkt sehr plastisch und geht enorm in die Tiefe, ohne den Trick aufdringlich vorzuführen. Er verschwindet hinter dem, was erzählt wird und das ist, worauf es ankommt. In diesem Fall ist das 3D tatsächlich eine Bereicherung.
Auch fiele mir kein anderer Weg ein, die so unglaublich elegant und episch erzählte Geschichte in weniger als den rund 160 Minuten zu erzählen, ohne dem Film etwas zu nehmen, ihn zu verkrüppeln. Er hat genau die Länge, die er braucht. Und das ist auch eines der Probleme des Streifens, ein Grund für das Scheitern an der Kinokassa: Für Vollpfosten, deren Aufmerksamkeisspanne von Twitter und Transformers definiert wird, ist der Film denkbar ungeeignet. Blade Runner 2049 verlangt einen gewissen IQ, um die Geduld aufzubringen, der langsamen, faszinierenden Entwicklung der Geschichte beizuwohnen.
Blade Runner 2049 erzählt seine Geschichte in wahren Gemälden von Bildern, was man zu sehen bekommt, ist pure Pracht. Sorgfältig durchkomponierte Bilder, die in manchen Szenen so viele Inhalte zur Schau stellen, dass man den Film anhalten möchte, um alles zu studieren. Regisseur Villeneuve nutzt die volle Breite des Filmformats aus, die Augen sind gezwungen, hin und her zu huschen, um das Geschehen in der Gänze zu erfassen. Apropos Inhalte – was augenscheinlich wirkt, ist es nicht, dafür haben die Autoren Hampton Fancher (Blade Runner) und Michael Green (Logan) glücklicherweise gesorgt.
Mehr möchte ich auf die Handlung ehrlich gesagt gar nicht eingehen – zu schön ist es, sich zwischendurch überraschen zu lassen oder die eigenen Erwartungen unterwandert zu sehen.
Der in manchen Filmen nervtötende Stoizismus, den Ryan Gosling und seine reglose Mimik verströmen, ist hier hervorragend angewendet und macht ihn perfekt für die Figur, die er spielt. Jared Leto ist angenehm zurückhaltend, auch wenn man merkt, dass es großer Anstrengung bedarf, damit er nicht voll überdreht. Leto ist für mein Verständnis kein sonderlich herausragender Schauspieler, er ist medienwirksam exzentrisch, das hat er als Frontmann seiner Band gut drauf und kommt auch sicher auf der Bühne gut. Aber im Film geht das Richtung Schmiere und es bedarf eines starken Regisseurs, um dieses exaltierte, theatralische Spiel im Griff zu halten. Das sieht man sogar in diesem sonst so makellosen Film.
Und was Harrison Ford angeht, er ist schrecklich alt geworden. Er verströmt seinen wunderbaren Zynismus, seine Verachtung für die Menschen, er ist eine Präsenz, neben der alle anderen Schauspieler im Bild verblassen, aber er ist stark gealtert. Robin Wright und Sylvia Hoeks liefern sich ein starkes Duell, das es wert wäre, in einem ganz eigenen Film zu beobachten – die Leinwand trieft vor destruktiver Energie. Und Dave Bautista ist gar nicht so falsch platziert, wie man es vorab meinen möchte.
Bevor der Film in die Kinos kam, gab es drei Kurzfilme, die in der Zeit zwischen den beiden Filmen spielten: Black Out 2022, 2048: Nowhere to run, 2036: Nexus Dawn. Diese Filme erklären vieles, was hier nur quasi nebenbei erwähnt wird. Sie sind ein gar nicht so unwichtiger Teil zum Gesamtverständnis dessen, was die beiden Filme hier aufbauen.
Was nun die Musik angeht – sehr, sehr gut. Komponiert wurde der Soundtrack von Benjamin Wallfisch und Hans Zimmer, was gewisse Soundelemente erklärt, die in ihrer Fremdartigkeit vertraut klingen – Zimmer eben. Die Komponisten haben es geschickt verstanden, tonale Elemente aus dem ersten Film hierher zu transportieren und aus dem vertrauten Sound etwas Neues zu machen. Letzten Endes ist die Originalmusik von Vangelis zwar unerreicht, aber Wallfisch und Zimmer haben einen ganz eigenwilligen, exzellenten Score geschaffen, der zur Größe des Films beiträgt.
Blade Runner 2049 hat mich sehr beeindruckt, hat mir richtig gut gefallen. Ich freue mich schon auf ein Double Feature der beiden Filme.
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