Anmerkung: Da inzwischen (2024) etliche der Links nicht mehr funktionieren, habe ich kurzerhand alle deaktiviert.
Vor einiger Zeit fand sich in der Printausgabe der Wiener Zeitung ein interessanter Artikel von Solmaz Khorsand mit dem Titel Gerammel auf der Meta-Ebene. Es ging darin um die ehemalige Opernsängerin Adrineh Simonian, die kurzerhand ihr Arbeitsfeld wechselte und Singen gegen Ficken eintauschte. Und das mitten in Wien, der Stadt der Josefine Mutzenbacher. Shocking. ;-)
Der Artikel enthielt die großartige Beschreibung vom … ejakulierenden Rohrverleger …, ließ dafür im Gegenzug, weil u.a. auch der Themenkreis von Feminismus und Pornographie gestreift wurde, die diesbezüglichen “HeartCore” Filme mit Katja Kean außen vor – namentlich Constance von 1998, und Pink Prison (1999; dt.: Hinter Gittern gevögelt). Dabei wäre gerade an diesen beiden Filmen interessant, dass die Firma, die hinter der Produktion steht, die dänische Zentropa ist, die von Lars von Trier mitbegründete Produktionsgesellschaft.
So, jetzt bin ich abgeschweift. Wie dem auch sei, der Artikel hat mich dazu verleitet Arthouse Vienna zumindest einen ersten neugierigen Blick zu gönnen. Ohne einen der dort angebotenen Filme zur Gänze gesehen zu haben, ich habe mich zwecks erster Eindrücke auf die Vorschauen beschränkt, ist der Auftritt sehr positiv zu bewerten. Schick gestaltete Seite, die Auswahl der Filme ist in Kategorien wie Let’s Fuck Porn oder Erotic Readings und Blind Date unterteilt, bietet also auffällig andere Kategorien und Vorstellungen von Porno an. Das Angebot ist noch überschaubar, hat aber enorm Potenzial, vor allem, da man schon anhand der Vorschauen und Ausschnitte Sorgfalt und hohes Niveau erkennt. Die geschilderten Konzepte weisen auch auf eine alternative Zugangsweise zum Porno hin – es muss nicht einmal zum Akt selbst kommen. Das alles ist nicht darauf ausgerichtet, Wichsern Vorlagen zu liefern, das ist nicht die Absicht hinter dem Programm. Da kommt im Gegenteil die titelgebende Meta-Ebene ins Spiel.
Es gibt für mein Verständnis eine gewisse, auf unähnliche Art, subjektiv empfundene Nähe (!) zur Porno-Filmerin Vex Ashley (Künstlername) und ihrem Projekt Four Chambers. Ashley war Studentin der bildenden Kunst, ehe sie zur Pornografie wechselte. Ihre Streifen sind von einer ebenfalls, durchaus eigenwilligen Bildsprache geprägt, die nicht viel mit dem zu tun hat, was der herkömmliche Pornofilm anbietet. Überdies finanziert sie ihre Werke über Crowdfunding. Wer die Filme in voller Länge sehen will, kann das über die überaus populäre Plattform Patreon machen, über die Künstler via Abos und Sponsoring ihre Werke anbieten – so eben auch die umtriebige, nahezu überall präsente Vex Ashley und Four Chambers. Im Gegenzug dazu präsentiert sich Arthouse Vienna momentan zusätzlich zwar auf YouTube und das unvermeidliche Facebook, hautpsächlich aber natürlich auf den eigenen Webauftritt.
Nicht, dass die Projekte von Regisseurin Khorsand und Regisseurin/Darstellerin Ashley viel gemeinsam hätten. Die jeweilige Herangehensweise der Filmemacherinnen unterscheidet sich deutlich. Sie huldigen beide, um es überspitzt zu formulieren, einer Ästhetik, die der Porno-Industrie und dem radikalen, schnellen abfilmen von mehr oder weniger ansprechenden Fickszenen fern ist. Zu viele Großaufnahmen mit Bildausschnitten, die der Gesamtästhetik des menschlichen Körpers in all seinen Details huldigen. Eine non-gynäkologische Kamera.
Gemeinsam ist ihnen jedoch auch der klar gehaltene Abstand zur Porno-Industrie*. Und ganz sicher spielt auch eine ausgeprägte Lust an der Selbstbestimmung eine Rolle, das Dasein als Herrin über sich selbst. Was ja im Grunde das Ideal des (beneidenswerten) Arbeitsalltags ist. Vielleicht kommt auch ein gewisser Masochismus zum Zug, weil diese Freiheit doch auch weit mehr Arbeit und Disziplin im Alltag erfordert.
Es gibt bestimmt zahlreiche weitere, interessante Filmemacherinnen, die den Indie-Weg eingeschlagen haben und bemerkenswerte Streifen produzieren, die eine Erwähnung verdient haben. Vorläufig beschränke ich mich auf diese beiden Filmemacherinnen. Sie haben mich angesprochen und mehr als ein flüchtiges Vergnügen (ha!) will der kurze Beitrag nicht sein. Gelegentliche Erweiterungen dieses Gedankensplitters sind allerdings durchaus im Bereich des Möglichen.
… Arthouse Vienna …
… Four Chambers / A Four Chambered Heart …
*Klarstellung: Die Porno-Industrie hat absolut ihre Berechtigung und ich bin der Letzte, der sie verdammt. Überhaupt nicht, im Gegenteil. Ich denke, sie hat in gewisser Weise ihren Nutzen. Industrie-Porno ist wie Junkfood hin und wieder lecker. Aber natürlich gibt es Aspekte, die echt Scheiße sind und nur diese gehören abgeschafft. Solche Elemente gibt es allerdings in den meisten Branchen, das ist kein Alleinstellungsmerkmal der Porno-Industrie. Der Rest ist legitim, selbstverständlich und oft verdrängter Bestandteil unserer westlichen Kultur – so lange, bis die Scheinmoralisten die Überhand gewinnen, um ein verdammenswertes, freudenfeindliches Dystopia einzurichten (das sind Dystopien immer). Aber das führt an dieser Stelle zu weit.
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