Die Buchhandelskette Thalia stellt Verlagen eine Rechnung zu, in der es um einen “Verkaufsförderbonus” für das Jahr 2017 geht. Dem Anschein nach umsatzabhängig – das beim Börsenblatt veröffentlichte Beispiel zeigt 100.- Euro. Ebenfalls in dem Beitrag dort wird die Zahl der angeschriebenen Verlage mit 1000 (!) beziffert – das ergibt ein hübsches Körberlgeld – für 2017!!!
Besonders entzückend daran ist ja der Tonfall des Schreibens – Zitat:
“Damit stellen wir sicher, dass auch Ihre Umsätze mit Thalia nachhaltig stabilisiert werden und in Zukunft Entwicklungspotenzial bieten”
Zitat Ende.
Dreht man die Formulierung um, heißt das: Rück die Kohle raus, oder wir nehmen dich aus dem Sortiment. Zum Glück habe ich die Formulierung nicht umgedreht, das wäre doch sehr bedenklich. Denn das erscheint mir als vieles, aber keineswegs eine ordentliche Form der Geschäftsbeziehung. Bei 100.- Euro werden sicher ein paar Verlage zähneknirschend auf den möglichen Ärger mit diesem Gemischtwarenladen mit Büchern verzichten. Verständlich. Der Sommer ist bald vorbei, es naht der Herbst mit seinen Bergen von Neuerscheinungen und vor allem – das für die Verlage für das Überleben so notwendige Weihnachtsgeschäft. Der Buchhandel ist eine Branche, wie andere auch, die auf ein gutes Weihnachtsgeschäft angewiesen ist. Will man es so sehen, dann ist diese Aktion, die man mit etwas Fantasie gewissen Methoden von Raubrittertum gleichsetzen mag, vom Zeitpunkt her geschickt gewählt.
Aber – da steht 2017! Und was ist, wenn 2018, schließlich geht es explizit um 2017, noch so ein Brief kommt? Und was ist, wenn der “Verkaufsförderbonus” dann um 50 Prozent steigt? Oder 100 Prozent? Was dann, lieber Verlag, der die Dummheit begangen hat, diese indiskutable Forderung nach einem Bonus beglichen hat? Nochmal zahlen?
Wofür eigentlich? Dafür, dass ein Laden, der sich Buchhandlung nennt, auch verdammt nochmal Bücher verkauft? Das ist doch zum Kotzen!
Thalia gehört dem Herder Verlag. Ein Unternehmen des Herder-Verlag fällt 1000 anderen Verlagen auf diese Art in den Rücken? Weiß man bei Herder, was die Thalia Geschäftsführung eigentlich aufführt? Ja? Lässt man sie gewähren? Herder ist ein katholischer Verlag. Sehr christlich, Herder, Amen, kann man dazu nur sagen. Das sind richtig schicke Methoden, die da Einzug halten. Halleluja, Applaus. Und wie argumentiert der Geschäftsführer von Thalia, Klaus Ortner?
Zitat:
“In anderen Branchen ist das schon längst üblich”, sagt Herr Ortner. “Der Buchhandel muss sich daran gewöhnen, dass die Verhältnisse sich ändern.”
Zitat Ende.
Feine Argumentation. Gratuliere. Der ist blöd, darum darf ich auch blöd sein. Der springt von der Klippe, ich darf das auch. Was ist denn das für eine Argumentation? Kann mir wer sagen, in welchen Branchen nochmal wird Schutzgeld erpresst? Es stimmt, der Buchhandel muss sich an viel gewöhnen, hat viele Umwälzungen der Zeit verschlafen. Aber an sowas auch? Tatsächlich?
Was passiert eigentlich, wenn sich der Umsatz des Verlages nicht nachhaltig stabilisiert? Gibt Thalia in dem Schreiben echt eine Garantie dafür ab? Darf der Verlag bei Nichteinhaltung des Versprechens eine Gegenrechnung stellen? Klagen? Interessante Frage eigentlich.
Und was die Investitionen betrifft, die Thalia tätigt (siehe den Artikel im Börsenblatt) – welche sind das? Bücher aus dem Sortiment zu nehmen, weil mehr Platz für Non-Books geschaffen werden muss? Keine Verlagsvertreter empfangen? Personalstände abbauen? Die Mitarbeiter dazu zwingen zu versuchen, den Leuten Zusatzverkäufe anzudrehen? Den Preis der Bücher im Laden zu erhöhen und mit dem Service begründen (von den Mitarbeitern, die es gar nicht mehr gibt)? Das sind keine Geheimnisse, das wissen Vertreter, Angestellte und auch sonst jeder, den es interessiert. Frage, sind das die Investitionen?
Und jetzt stelle man sich das Geschrei und die Empörung vor, wenn Amazon sowas täte. Hui! Das wär ein Geschimpfe und Gekeife über die Unsitten und das verbrecherische Treiben des Konzerns. Aber weil es eben nicht Amazon ist, soll das durchgehen dürfen? Sowas nennt man wie nochmal? Scheinheiligkeit, Verlogenheit? Ich bin mir nicht sicher, vielleicht weiß das jemand.
Eines allerdings ist mir klar, ich investiere mein Geld für Bücher dann doch lieber bei Amazon (pfui kack, oder wie?), oder in der kleinen Buchhandlung – gibt es bei uns im Ort tatsächlich und ja, unsere Familie kauft dort auch ein! Ich persönlich finde jedenfalls ein solches Schreiben echt widerlich.
Autor Daniel Isberner hat nun Thalia eine Herausforderung zukommen lassen und dem Verein eine Rechnung geschickt – für die Stabilisierung der Umsätze und das zukünftige Entwicklungspotenzial – er hat bisher Buchlinks zur Thalia gesetzt.
Bezüglich rechtlicher Details und weiterführender Info siehe den Artikel bei Börsenblatt.net.
Der Beitrag [NEWS]: What the Fuck, Thalia? erschien zuerst auf Kultplatz.net …
.