Das Buch von David Maguire behandelt den Originalfilm von Meir Zarchi, erschienen 1978. Der Film ist ein zum Klassiker mutierter, ehemaliger Video-Nasty, ein Exploitation-Streifen, der ein modernes Remake und drei Fortsetzungen hervorgebracht hat – wobei Fortsetzung 3 I Spit on Your Grave: Deja Vu mit dem Star des Originals, Camille Keaton, aufwarten kann.
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Autor David Maguire setzt sich mit dem Original auseinander und behandelt zahlreiche Aspekte des Films, vom Vorwurf des Sexismus und der Frauenfeindlichkeit, bis zur Mythologisierung des Streifens, der bis heute heftige Reaktionen provoziert.
Ein beträchtlicher Teil der Wirkung, die das Original hat, ist schon beinahe eher technischer Natur. Es ist die eher krude handwerklich Gestaltung, der durch das winzige Budget erzwungene Verzicht auf alles, was den Film aufwertet und ihn letztendlich dort belässt, wo er herstammt: I Spit On Your Grave ist ein schneller, schmutziger Film, der auf schnelles Geld aus war. Die Story ist dabei ebeneso Low-Budget wie die technische Umsetzung.
Doch genau diese scheinbaren Mängel sind es, die diese enorme Wirkung verursachen. Der filmische Mangel verleiht dem Streifen eine unerwartete Authentizität und Echtheit, ganz so, wie es bei Wes Craven und seinem Last House on the Left passiert ist.
Und das macht auch den bedeutenden Unterschied im Vergleich zum Remake und den Nachfolgern aus: Wenngleich das Remake ein handwerklich sauberer und durchaus gelungener Slasher ist, hatte der Film keine Chance, auch nur im Ansatz so umstritten zu sein wie der alte Streifen. Dafür ist er zu gelackt, zu gut gemacht. So wie das Original ist auch das Remake ein Kind seiner Zeit, das in wenigen Jahren anachronistisch anmuten wird.
Die Fortsetzungen machen – in ihrer ungekürzten Form – durchaus Spaß und bieten allerlei groteske Gewaltszenen, die in ihrer absurden Übersteigerung schon fast komisch werden, es aber zielsicher schaffen, nicht in die Lächerlichkeit abzugleiten. Die Handlung ist jeweils vollkommen unbedeutend, weil sie nur in Details vom jeweiligen Vorgänger abweicht.
Zumindest im letzten, kommenden, Film versucht man jedoch, eine halbwegs plausible Verbindung zum ersten Streifen zu schlagen. Ob das gelingt, wird sich noch weisen. Jedenfalls heben die ungeniert widerlichen und drastischen Effekte, die Das hebt die Filme ein wenig von ähnlich motivierten Streifen ab. Sie sind aber letzten Endes nicht mehr als kommerziell motivierte Fortsetzungen.
Detail am Rande: Hauptdarstellerin Camille Keaton war zur Zeit der Dreharbeiten des Originalfilms mit Regisseur Meir Zarchi verheiratet. Die heute 70jährige ist die Enkelin von Stummfilmstar Buster Keaton. Regisseur des demnächst kommenden Sequels ist ihr Ex-Mann und Originalregisseur Meir Zarchi. Damit schließt sich ein Kreis.
Über Moral oder über Sinn und Wert und Verwerflichkeit der Filme bzw. des Originals zu diskutieren, ist eher eine der sinnloseren Pflichtübungen. Sie sind , nicht anders als die Filme, die man dem Torture-Porn zurechnet (Saw als prominentester Streifen dieser Art) inzwischen normaler Bestandteil der Popkultur – und T-Shirts mit dem Motiv des Original-Posters gibt es auch zu kaufen.
Man mag I Spit on your Grave auch als Reibebaum hernehmen, weil der Film es auch heute noch recht einfach macht, ihn für eigene Zwecke zu benützen in den unterschiedlichsten Diskussionen zu dem Thema zu benutzen. Er war exponiert, hatte sich einen ganz eigenen, schlechten Ruf eingefangen und dieser haftet dem Film bis heute an. Das ist schlicht alles. Nimmt man den Mythos weg, ist es einfach ein billiger Schundreißer voller sadistischer Gewalt (und mal ehrlich, Dirty Harry mit Clint Eastwood ist nichts anderes, nur auf einem höheren Level).
I Spit on your Grave ist ein Rape-Revenge-Film und gehört zu den Revenge-Filmen, den Rache-Filmen. Und dazu gehören Klassiker wie Wer Gewalt sät (1971) oder auch Die Jungfrauenquelle (1960) – und das ist immerhin Ingmar Bergman! Der Film war kurzfristig sogar beschlagnahmt – wegen der Vergewaltigungsszene. Natürlich käme niemand auf die Idee, Ingmar Bergman als sexistischen Schundfilmer abzukanzeln. Aber er hat einen Genre-Film gedreht, schlicht und ergreifend.
Natürlich sind auch Filme wie Ein Mann sieht Rot (1974) und unzählige mehr (Kill Bill, Baise-Moi, Hard Candy, …) dem (Rape)-Revenge-Genre zugehörig. Und wie in jedem Genre gibt es exzellente und miese Beiträge.
Aktuelles Beispiel eines, die Versuchung liegt nahe zu sagen, typischen Mainstream-Rape-Revenge-Films ist Revenge der französischen Regisseurin Coraline Fargeat genannt (hier ein Trailer), der 2018 seine Premiere feiert(e) und in dem es ebenso brutalst und blutigst zugeht.
All diese Filme folgen, mit mehr oder weniger ausgeprägten Variationen, dem selben Muster: Das Opfer wird von den Tätern als tot zurückgelassen. Das Opfer überlebt, geht auf brutalen Rachefeldzug und erfährt über diese Selbstjustiz Heilung, sogar Stärkung. Eine Variation ist, dass das Opfer stirbt und Angehörige/Partner die Rache vollziehen. Seltenste Variation ist, dass ein Mann als Vergewaltigungsopfer herhält.
Diese Art Filme, einst als Video-Nastys verbannt, zensiert, beschlagnahmt, ist längst im Mainstream angekommen. Rape-Revenge-Filme zelebrieren den Akt der Rache und liefern dem Publikum zweierlei:
Ersatzbefriedigung für eigene, im Alltag widerfahrene Frustrationen – nicht anders, als es Filme generell zu tun vermögen. Sie können als Ventil fungieren und einen Beitrag dazu leisten, die eigenen Aggressionen und den Stress abzubauen. Und – sie liefern pures Vergnügen um des Vergnügens willen. Je derber und absurder und blutiger es wird, umso vergnüglicher ist es, die Sache zu beobachten. Voyeurismus, heimliches Beobachten – erregende, vergnügliche Tätigkeiten, wiederum ein Ventil, um auf sicherem Grund gegen Verhaltensregeln zu verstoßen.
All das macht Spaß. Wie anders kann man eine der brutalsten und zugleich absurdesten Entmannungen sonst sehen, die im dritten I Spit Film vollzogen wird – und die geradezu komisch ist in ihrer expliziten Gewalt.
Dass es immer Menschen geben wird, denen die Fähigkeit fehlt, Filme als das zu sehen, was sie sind, ist letztendlich nicht die Schuld der Filme. Den Umgang legt in erster Linie das Elternhaus fest, wie Mutter und Vater miteinander umgehen. Auch das soziale Milieu der Betroffenen, was die Gesellschaft ringsum vorlebt. Das sind bestimmende Einflüsse. Soziale Intelligenz, soziale Kompetenz, innere Gefestigtheit sind ausschlaggebende Faktoren dafür, wie ein Zuschauer den Film aufnimmt, ob er in der Lage ist, ihn als pure Fiktion zu begreifen.
Aber da bewegen wir uns in Bereiche hinein, in denen es weit qualifiziertere Personen als mich gibt. Deshalb nochmal der Hinweis auf das Buch, um das es eigentlich geht:
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