Inhalt: Die Menschheit hat sich in den unendlichen Weiten des Weltalls ausgebreitet. Überall sind neue Siedlungen entstanden, und jede Welt birgt neue Gefahren. Als der interplanetarische Händler Haviland Tuf eines der letzten Saatschiffe der Erde erwirbt, beginnt seine Odyssee quer durch den Weltraum. Eine Odyssee, auf der Haviland Tuf vom einfachen Händler zum gefeierten Retter der Menschheit wird …
George R. R. Martin: Planetenwanderer
(OT: Tuf Voyaging; 1986) Heyne 07/2013; ISBN: 978-3-453-31494-8; Seiten: 511; Übersetzung: Berit Neumann; Austattung: Paperback, Klappbroschur, geprägter Titel
Ein George R. R. Martin Roman, wie er typisch für ihn ist. Voll trockenem Witz, skurrilen Ideen und sehr gut durchdacht. Trotz des Alters des Romans liest er sich, als wäre er erst unlängst geschrieben worden – damit meine ich die Schilderung von Raumschiffen, technischen Spielereien und derartigem Firlefanz.
Strukturiert ist das Buch wie eine Sammlung von zusammenhängenden Erzählungen – vielleicht war es das ursprünglich, keine Ahnung. Auf alle Fälle gibt es einen Bogen, der die einzelnen Teile umschließt und das Buch zu einer Einheit formt.
Planetenwanderer ist aus zwei Gründen überaus lesenswert: Zum einen ist es ein Buch von George R. R. Martin. Ja, der dicke mit dem Bart hatte vor seinem monströsen Lied von Eis und Feuer (Game of Thrones, für alle, die nur die Serie schauen, aber nicht lesen) auch noch andere Werke geschrieben – zahlreiche, zum Teil exzellente Romane und Erzählungen.
Zum anderen ist der Roman wirklich sehr gute Science Fiction. Martin hat etwas geradezu altmodisches gemacht: Er lässt seinen überaus seltsamen und eigenwilligen Helden mit aller Kraft daran arbeiten, Konflikte mit Intelligenz und Gerissenheit zu einer Lösung zu führen.
Das geht so weit, dass es in dem Roman weder Weltraumschlachten noch gewaltige Explosionen gibt. Trotzdem – man mag es kaum glauben, ist der Roman spannend, zieht in den Bann und bereitet diebisches Vergnügen, wenn Haviland Tuf mal wieder irgendwas wortwörtlich nimmt und daraus ganz bizarre Schlußfolgerungen zieht.
Außerdem glaube ich ganz fest daran (nö, eigentlich nicht, aber die Vorstellung ist sehr, sehr nett), dass dieses Buch zwei Autoren beeinflusst hat: Alastair Reynolds auf der einen Seite – mit den unmöglich größenwahnsinnigen Raumschiffen und Weltenarchitekturen. Iain M. Banks auf der anderen Seite – mit den durchgeknallten Namen seiner Raumschiffe (eigentlich ist nur ein Schiff bescheuert benannt, aber das reicht ja als Einfluß).
Planetenwanderer ist eine Art Social Space Opera, die sich um vernünftige Problemlösungen bemüht.
Wobei man auch sagen kann, dass das Buch seine durchaus irgendwie unheimlichen Seiten hat … wenn man den Begriff weit fassen will: Das Raumschiff, das er in seinen Besatz bringt – all die Fähigkeiten und Möglichkeiten, die das Schiff bietet – es verändert Haviland Tuf. Und so wie sich Tuf ändert, verschiebt sich auch der Ton des Buches ins dünklere, zwielichtigere, bringt Fragen zutage, die, berücksichtigt man die Veränderungen, nur (?) bittere Antworten hervorbringen. Vielleicht – denn Martin hat es sich wahrhaft nicht einfach gemacht. Vielschichtig und sehr, sehr spannend.
Zur Übersetzung, die z.B. -> hier gescholten wurde, möchte ich eigentlich nur sagen, dass das Buch an manchen Stellen den Eindruck erweckt, als hätte die Übersetzerin schweren Zeitdruck gehabt. Es holpert ein wenig im Fluß der Worte. Wenn man das Hauptwerk von George R. R. Martin im Original liest, dann fällt im Deutschen ein gewisser Mangel an Wortwitz und Eleganz auf, der dem Autor eigen ist. Ich bin mir aber absolut nicht sicher, ob dass tatsächlich allein der Übersetzerin geschuldet ist (Zeitdruck, eingespartes Lektorat, etc).
Wie dem auch sei, Mängel hin oder her – es bleibt genug Witz übrig, um stillvergnügt zu schmunzeln. Haviland Tuf ist ein bemerkenswerter Held, seine Erlebnisse sind denkwürdig und alles zusammen ist George R. R. Martin in Bestform. Eines der zahlreichen frühen Werke, die zu entdecken lohnend sind.
Planetenwanderer ist ein clever durchdachtes und exektuiertes Stück Science Fiction Literatur, das auch dann Vergnügen bereitet, wenn man gar keine Science Fiction lesen will.
Kurz gesagt:
- gut durchdacht
- spannend erzählt
- gewitzt
Fazit: George R. R. Martin, großartig und lesenswert
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