[REZENSION]: Dmitry Glukhovsky: Metro 2034
Inhalt: An der Station Sewastopolskaja, die seit Tagen von der Verbindung zur Großen Metro abgeschnitten ist, taucht der geheimnisvolle Brigadier Hunter auf. Er nimmt den einsamen Kampf gegen die dunkle Bedrohung auf, der sich die Bewohner der Metro gegenübersehen, und bricht zu einer gefährlichen Expedition in die Tiefen des Tunnelsystems auf. An seiner Seite steht Homer, ein alter, erfahrener Stationsbewohner, der die Metro und ihre Legenden kennt wie kein anderer – und der seine Lebensaufgabe darin sieht, ihre Geschichte aufzuschreiben. Als die beiden auf die 17-jährige Sascha treffen, glaubt Homer, er habe in dem gebrochenen Helden und dem Mädchen das perfekte Paar für sein Epos gefunden – aber er darf sie in der Gefahr keine Sekunde aus den Augen lassen.
Dmitry Glukhovsky: Metro 2034
(OT: METPO 2034) Heyne Vlg 11/2009; ca. 526 Seiten; ISBN 978-3-453-53301-1; Übersetzung: David Drevs; Ausstattung: Trade Paperback, Klappbroschur, Metro-Plan, Anmerkungen
Boris, wo ist der Wodka?
Gar nicht so verkehrt, diese Frage, denn der Inhalt hinten am Buch stimmt so nicht ganz. Aber es klingt dramatisch. Metro 2034, unschwer erkennbar ein Science Fiction Roman, der auch als Horrorstory durchgeht. Eine Dystopie und natürlich eine Weiterführung von … Metro 2033!
Es ist keine unmittelbare Fortsetzung, sondern eine Geschichte, die kurz nach den Geschehnissen des ersten Buches am selben Ort spielt, eine damalige Nebenfigur zu einer Hauptfigur stilisiert und auch Bezug nimmt auf die Vorfälle im vorherigen Roman. Aber es ist ein komplett eigenständiger Roman, der das faszinierende Universum des Untergrunds erweitert.
Die Website zu den Büchern: http://www.metro2033.org/
Glukhovsky scheint es darauf anzulegen, ein ganzes Tunnelversum, eine eigene Welt und Zivilisation, zu erschaffen, die vertraute Grundzüge hat und in den Ruinen unserer Welt dahin vegetiert. Ich bin mir relativ sicher, es wird einen dritten Roman geben. War der erste Roman im Grunde beendet, so wartet dieses Buch darauf, die Geschichte seiner Helden weitererzählt zu bekommen.
Die Enge des Schauplatzes, die Finsternis, die Paranoia und die Bedrohung, die nach und nach von der zerstörten Oberwelt nach unten dringt, die wird in diesem Buch noch dadurch verstärkt, das Gluhovsky das komplexe Universum seiner Unterwelt eher nur anreißt und einen sehr engen, personenzentrierten Blickwinkel einnimmt. Wer also das erste Buch nicht kennt, wird nicht unbedingt durch das komplexe Gefüge der einzelnen Reiche, die über Gruppen von Stationen herrschen, durchschauen.
Metro 2034 funktioniert als Actionroman. Er bietet reichlich Gewalt und Massaker und Ekel. Er funktioniert als Science Fiction. Denn dies ist eine Zukunft, wie sie sich Roland Emmerich nicht ausdenken könnte. Der Roman funktioniert als Dystopie: Er zeigt das Ende der Gesellschaft und das, was danach kommt. Nicht sehr schön. Und daraum geht Metro 2034 auch als Horrorgeschichte durch. Sehr clever.
Vegetieren ohne Vegetation
Metro 2034 ist clever durchdachte Science Fiction, eine Dystopie, ein Horrorroman, der seinen Schrecken nicht nur über die von außen kommenden Feinde bezieht. Viel schlimmer ist der Feind, der schon längst in den Tunneln lauert und das Nervenkostüm der Menschen untergräbt. Immerhin ist seit der Vernichtung der Zivilisation so viel Zeit vergangen, das es inzwischen Menschen gibt, die in den Tunneln geboren wurden und die jetzt erwachsen werden, nichts andere kennen als diese dunkle, beängstigende Welt.
Worauf sich Glukhovsky in diesem Roman mehr konzentriert, ist der allmähliche Zerfall dieses kümmerlichen Abbildes einer Zivilisation, die an die Grenzen ihrer Ressourcen, ihrer Möglichkeiten und ihrer Fähigkeiten gelangt. Die Flucht nach oben als einziger Ausweg scheint aber nicht möglich. Wie vertrauenswürdig dieser Eindruck ist, genau kann man als Leser kein Urteil fällen.
Im ersten Buch war Held Artjom in der Oberwelt zu Gast und hat darüber seine ohnehin angeschlagene geistige Gesundheit eingebüßt. Hier ist er kaum mehr als eine Randfigur. Doch auch die Protagonisten dieses Romans vermitteln ein höchst widersprüchliches Bild der Realität, nämlich das jeweilige persönliche, das mehr als nur einmal nicht einmal im Ansatz übereinstimmt. Wem soll man trauen? Den Protagonisten eindeutig nicht. Der Autor läßt uns aber nicht mehr wissen, als seine Figuren preisgeben.
Der russische Bär ist erlegt und verwest
Der Kadaver mundet, soll meinen, das Buch ist spannende und unterhaltsame Literatur. Was man hineinlesen will, kann man gerne tun, aber nötig ist es nicht. Es ist eine gut durchdachte Geschichte, die sich Buch für Buch zu einem Universum erweitert, das die Faszination eines Autounfalls ausstrahlt: Grausig und schockierend, aber wegschauen ist nicht drinnen.
Auch wenn der Roman für sich alleine stehen kann und so auch besteht, würde ich doch vorschlagen, mit dem Vorgänger zu beginnen, einfach deshalb, um die soziale Struktur dieses merkwürdigen Tunnelversums besser zu verstehen. Außerdem machen die klitzekleinen Anspielungen einfach Spaß.
Kurz gesagt:
- würdige, spannende Fortsetzung
- blutige, relativ komplexe Geschichte
- macht Lust auf Folgebände
Fazit: kann man ungebremst empfehlen
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