[REZENSION]: Thor Kunkel: Subs
Inhalt: Die Rechtsanwältin Evelyn und ihr Mann Claus, ein Schönheitschirurg, führen ein sorgenfreies Leben in einer schmucken Villa in Grunewald. Der Alltag der beiden gerät durcheinander, als die polnische Haushaltshilfe spurlos verschwindet und sich auf Claus’ augenzwinkernd gemeinte Stellenanzeige plötzlich Langzeitarbeitslose, Asylanten und überqualifizierte Akademiker ernsthaft als »Sklaven« bewerben. Zunächst sind sie überrascht und schockiert, doch warum sollten sie auf die Annehmlichkeiten verzichten? Sie haben das nötige Geld, und in der liberalen Spaß-Gesellschaft der Hauptstadt ist das »erlaubt, was man sich leisten kann«. Also entscheiden sie sich für Bartos, einen promovierten Altphilologen, und dessen Frau Svetlana. Eines Tages regt Bartos den Bau eines Schwimmbads auf dem ungenutzten Rasen vor der Villa an, ein teures Vorhaben, das durch den Einsatz von illegalen Arbeitskräften bewältigt werden soll. Und so rücken eines Nachts weitere Familien an, die seit Jahren ein Leben in selbstgewählter Sklaverei führen. Doch bald kommt es zu ersten Unstimmigkeiten in der »Solidargemeinschaft nach römischem Vorbild« . . .
Thor Kunkel: Subs
Heyne Tb 03/2013; ISBN: 978-3-453-67634-3; Seiten: 462; Ausstattung: Taschenbuch, Nachwort
Die höhnische Bissigkeit des tiefschwarzen Humors, der rücksichtslos unsere Gesellschaft vorführt, stellt das Buch in eine Reihe mit Über-Satiren wie American Psycho von Bret Easton Ellis. Das Buch mag sich dem Augenblick entziehen, da es, sagen wir, drei Minuten in der Zukunft angesiedelt ist, doch es zeigt uns Lesern das Heute weit schonungsloser und offener als es zu Beginn den Anschein hat.
Die nahezu perverse Rollenumkehr, die der Geschichte einen unerwarteten Drall gibt, trägt ihr übriges dazu bei, diesen Roman gallig komisch zu gestalten. Die Beziehungen zwischen Subs und Doms werden auf drastische Weise auseinandergenommen und neu definiert und als Leser kommt man nicht umhin, mit begeisterter Schadenfreude zuzuschauen, was dabei alles zerdeppert wird – und das ist eine ganze Menge.
Das Beziehungsgeflecht der vier Hauptfiguren ist drastisch plakativ an der Oberfläche, subtil und hinterhältig manipulativ, wenn man ein klein wenig genauer hinsieht. Die Personen stolpern über sich, über einander, über die Gesellschaft und ihre Normen, über die Verlogenheit und die Wahrheit dahinter. Kunkel seziert unsere selbstgerechte Inszenierung von politischer Korrektheit und was er zutage fördert, ist eigentlich … tja, selbst lesen. Es stinkt nach Wahrheit und es ist schön zu sehen, es wenigstens in dieser Form gesagt zu bekommen, vorbei an der Verlogenheit unseres medial bestimmten Alltags.
Kunkel hält uns nicht den Spiegel vor, sondern er nimmt den Spiegel und schlägt ihn uns auf den Schädel, um uns anschließdend zu zwingen, in all die Scherben zu starren und in die Fratzen zu starren, die uns zuzwinkern und Gemeinheiten über uns selbst raunen.
Genug der Schwafelei. Kaufen, lesen. Beste Unterhaltung.
Subs ist ein Meisterwerk.
Kurz gesagt:
- zynisch
- erheiternd
- spannend
Fazit: absolut lesenswert
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