Inhalt: In H.P. Lovecrafts Kurzgeschichte »Reanimator – Der Wiedererwecker« lernen wir Herbert West kennen – einen ebenso genialen wie irregeleiteten Forscher, der davon überzeugt ist, dass der menschliche Körper nichts weiter als eine organische Maschine sei, die man selbst nach dem Tod wieder »neu starten« könne. Als Sanitäter begibt sich West unter anderem an die Flandern-Front des Ersten Weltkrieges, denn dort gibt es genug menschliches Material für seine Experimente …
Tim Currans Hommage »Die Wiedererweckten des Herbert West« lässt uns tiefer in dieses dunkle Kapitel eintauchen. Wir erfahren von geheimen Laboren, Legionen wandelnder Toter und grausamen Experimenten, einer Monstrosität, die sich von den Toten ernährt, und einem unvorstellbaren Wesen jenseits von Leben und Tod, welches sich im Schutze der Nacht auf die Suche nach seinem wahnsinnigen Schöpfer begibt.
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Currans Roman ist ein relativ schmales Bändchen mit knapp 202 Seiten. Der Inhalt ist dafür um so mächtiger. Der Autor greift in den vollen Brecheimer und schaufelt die vollkommene Widerwärtigkeit des ersten Weltkriegs in anschaulichen, Übelkeit erregenden und sehr eindringlichen Bildern ins Buch – und damit frontal ins Bewusstsein der Leserschaft. Curran ist eben Curran und liebt es, das zu tun. Und er kann es hervorragend, das muss der Neid ihm lassen. Der erste Weltkrieg war unendlich grausam und unmenschlicher als alles zuvor.
Der Einsatz von Giftgas und die Folgen, der ewige Stellungskrieg, die sinnlose Opferung zehntausender Soldaten, der Wahnsinn dieses Krieges, den Stanley Kubrick in seinem frühen Meisterwerk Wege zum Ruhm (Paths of Glory, 1957) so eindringlich geschildert hat, die psychische Zerrüttung und das Unfassbare, das Erich Maria Remarque in seinem Romanklassiker Im Westen nichts Neues (erstmals 1928 veröffentlicht) in die Psyche der Leserschaft ritzt.
Tim Curran beschäftigt sich, wenig überraschend für jene Leser, die mit dem Autor eindringliche Bekanntschaft geschlossen haben, vorwiegend mit den körperlichen Aspekten des Krieges – den zerfetzten Leibern, dem Brackwasser voller Leichen, dem verwesenden, gärenden, vom Leichengas aufgeblähten Fleisch der Toten. Mag seine Motivation eine andere sein, an Eindringlichkeit Kraft in der Schilderung des Schreckens mangelt es ihm keineswegs. Die aufgesetzten Horrorelemente sind ergänzend dazu stimmungsdicht, richtig schauerlich und lassen bei der Lektüre selbst an heißen Sommertagen das kalte Gruseln spüren.
Was Herbert West angeht, nun, der hat einen schon fast bescheiden zu nennenden Auftritt, ist mehr oder weniger eigentlich nur eine Nebenfigur, wenngleich eine diabolische, eiskalte, rücksichtslos unmenschliche Figur, ganz so, wie wir West kennen und lieben. Natürlich ist es West, der für die übernatürlichen Elemente des Horrors zuständig ist, für das, was jenseits der Grausigkeiten des Krieges angesiedelt ist. West ist hier der Katalysator, der Gipfel des Grauens, die perfekte Verkörperung des diabolischen Soziopathen, der bar jeglicher Empathie und Rücksichtnahme in den Menschen nichts anderes als ein Mittel zum Zweck sieht.
Die Wiedererweckten des Herbert West ist ein starkes Stück Literatur, bei dem ich in dieser Form mit einer Sache nicht so glücklich bin – der Übersetzung. Damit hadere ich ein wenig. Ich finde sie unrund, teilweise Wörter verwendend, die zwar formal korrekt sein mögen, aber nicht dem Zeitkolorit entsprechen, wo Curran auf ein bewusst altmodisches Englisch zurückgreift. Vielleicht bin ich auch nur pitzelig, aber mir kommt die Übersetzung etwas ungeschickt vor.
Wie dem auch sei: Die Wiedererweckten des Herbert West ist eindringliche und brutale Antikriegsliteratur, die sich als Horrorgeschichte tarnt.
Kurz gesagt:
- äußerst eindringlich
- starke Stimmung
- Curran in Hochform
Fazit: ein kleines Meisterwerk der Antikriegsliteratur
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Als Ergänzung:
H.P. Lovecraft: Herbert West Wiedererwecker … Kindle Edition bei Amazon …
H.P. Lovecraft: Das Werk … Hardcover bei Amazon …
Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues … Kindle Edition und Taschenbuch bei Amazon …
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